Marienbader Elegie Adolf Dehn UR WEIBER Von SIR GAL AH AD W underärztinnen wäre ein viel zu dünnes Wort. Auch verarzten sie nicht, sie heilen. Späte Töchter der großen Eimütter, Reste magischer Menschheit, Trümmer von alten Erdgöttinnen, ragen sie aus abgelebten Schicksalsgeschichten noch hie und da durch unsere platte Oberfläche anstößig herauf. Dann läuft die Saga ihres Wirkens — gleich orientalischen Bazarrumours — ausschließlich von Mund zu Ohr und in unglaublich kurzer Zeit über den ganzen Kontinent. Der hat dann für Menschen gleicher Seelenlage ein neues Zentrum erhalten: eben jenes Saunest, in dem ein Urweib sich heilenderweise aufgetan. Ohne Reklame, Presse, Verkehrsbüro, Firmenschild. Doch wer, ein Andersgerichteter, nicht auf die Flüsterwelle abgestimmt ist, findet zu Saunest und Urweib so wenig wie zum Gral. Ihr rar gewordener Typus hat nichts mit Heilmagnetiseusen gemein, wie sie auch in Großstädten und auf jeder sozialen Etage hausbacken zaubern. Die sind eine fadenscheinige Rasse mit braven, zichorienblauen Seheraugen, kurieren fromm von oben, leben von protestantischem Dörrgemüse und nicht unfern der Christian Science. Kirchengängerisch veranlagt. Nicht so das Urweib. Läuft etwa der Herrgott zu sich selber beten? Wo sie steht, ist das Heiligtum, 103