Martin Bloch HYPERTROPHIE DER WAPPEN Von JOSE ORTEGA Y GASSET TT- antabrien oder: Her mit den Wappen! — Die Burgen haben uns mit dem be- -LV redten Gebärdenspiel ihrer Ruinen lange aufgehalten. Aber es ist nötig, die Reise fortzusetzen. Der Motor wird angekurbelt. Das Auto, in dem ich fahre, ist sehr alt; es hat verschiedene Male schon fast ganz Spanien umrollt, ist über beinahe sämtliche Pässe geklettert und auf der Sohle zahlloser Täler am Rand unserer steilufrigen Flüsse gefahren. Es benimmt sich wie ein alter Diener, der knurrt, aber seine Pflicht tut. Von Zeit zu Zeit entwischt ihm ein Rad und rollt, wie mit magischer Kraft begabt, so entschlossener Miene durch die Stoppelfelder, daß man denken möchte, es sei das echte Rad des Glücks. Hinter uns liegt das trockene Spanien, und wir kommen jetzt über die Montana in das feuchte Spanien hinein. Der zuvor nackte, fahle oder rote Boden bedeckt sich mit üppigem Grün und verengt und zerklüftet sich zu ge drungenen Talern. Es gibt keine kriegführenden Burgen mehr, die mit der lückenhaften Zahnreihe ihres Zinnenwerks in das Blau beißen; aber an ihrer Stelle treten Herrenhäuser aus schwarzbraunen oder hochroten Quadern auf. Die Burgen von Kastilien machen den Eindruck hungriger Krieger. Diese adeligen Wohnungen zeigen Frieden und behäbigen Wohlstand an. Reichtum niemals. Ich kenne m ganz Spanien keine vollständige Landschaft, die ein Bild von Pracht hervorriefe: einzig hie und da ein Winkel, ein Bauwerk — zum Beispiel: der Eskorial. Mit leichten Varianten wiederholt sich der Typ der Casona — des düsteren, finsterblickenden, übelgelaunten Gebäudes — von Asturien bis ans Ende von Navarra, und ist daher die architektonische Frucht, die ganz Kantabrien cha- 539