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J PEK, Jahrbuch für prähistorische und ethnographische Kunst 1925. Heraus geber Herbert Kühn. Verlag Klinkhardt & Biermann, Leipzig. Der Herausgeber will eine selbständige prähistorische und ethnographische Kunst geschichte konstituieren und versammelt zu dem Zweck namhafte Gelehrte aller Zungen mit Beiträgen zu diesem sehr gut ausgestatteten und illustrierten Buche. Es wäre interessant zu erfahren, wie sich die ausländischen, insbesondere die französischen Forscher hier in der Gesellschaft ihrer deutschen Kollegen fühlen, z. B. die großen Meister ihres Fachs Henri Breuil und Hugo Obermaier. Solche klaren und besonnenen Köpfe, die die ihrer Wissenschaft gezogenen Grenzen respektieren und einen präzisen, durchsichtigen Stil pflegen, können nicht anders, als die natürliche Abneigung ihrer Nation zu teilen, sich auf den schwankend un sicheren Boden der Spekulation zu begeben. Anders der deutsche Bezirk des Buches Jpek. Da ist man plötzlich in einer anderen, sozusagen nicht mehr euro päischen Welt. Keine Grenze gilt, kein Umriß ist scharf. Alles schwimmt. Schon in seiner Einleitung fährt der Herausgeber mit vollen Segeln aufs hohe Meer der Spekulation. Die Künstler der Vorgeschichte haben, so stellt er fest, zwei Stile ausgebildet, den sensorischen und den imaginativen. Die höchste Ent faltung des Imaginativen ist das Krystallinische und weiter „Im Magdalenien hat die Umrißlinie alle Kraft verloren, die Bewegung wird gesucht, das Spielen des Lichts, das Gleitende“: also eiszeitlicher Impressionismus und Höhlenfuturismus. Daneben gibt es noch einen konsumtiven und einen produktiven Stil, je nachdem die Wirtschaftsform des betreffenden Urvolks gerichtet ist. Denn Kunst ist Wirtschaft! Der Hamburger Gelehrte Th. W. Danzel dagegen, der eine „Psycho logie altmexikanischer Kunst“ beiträgt, statuiert dort einen „statischen und einen dynamischen Kunsttypus“. Gelegentlich einer „statischen“ Steinskulptur, eines Heulwolfs, fällt ihm Mantegna ein, „der als einziger späterer Meister ähnliche Tendenzen in seinem Formwillen zum Ausdruck gebracht hat“. Als allgemeine Definition der Kunst stellt er auf „Beziehungsausgleich zwischen Bedeutung und Erscheinung“. Erstaunlich, daß eine so klare, unmittelbar einleuchtende Sache nicht schon längst gefunden werden konnte! Ueber den Wasserrr- dieses Buches scheint als spiritus rector Leo Frobenius zu schweben, dessen „Wagerechte der mediterranen Kulturbewegung“ und sein „chthonisches Kulturpaideuma“ unter vielen anderen Zitaten mit Betonung an geführt werden. Das A. van Scheltemasche Buch „Nordische Kunst“ wird dahin besprochen, daß „bei den drei Entwicklungsperioden prähistorischer Kunst eine dialektische Umkehrung stattfinde. Das stark logische Gebäude dieses Buches ruhe auf Hegelschen Gedanken“. Die in den angeführten Verlautbarungen sich aussprechende Geistesart und der entsprechende Stil ist bekanntlich durch weite Gebiete neuester deutscher Literatur verbreitet und scheint der speziell und eigentlich deutsche Geist und Stil werden zu wollen. Goethe sagt einmal, es sei ihm, Kant lesend, als träte er in ein helles Zimmer. Diese neue Art deutscher Literatur ruft mehr den Eindruck eines Literatencafes hervor, voll von blauem Dunst und in den Aschenbechern noch Zigarrenstummel von Hegel. m. v . W. Das EHRENBUCH FÜR E. R. W EIS S (Insel-Verlag, Leipzig) ist, ein Jahr nach dem 50. Geburtstag des Meisters dej; deutschen Buchkunst, erschienen. Es ist ihm gewidmet und enthält literarische Beiträge u. a. von Blei, Haupt mann, Meier-Graefe, Siemsen und graphische Beiträge von Hofer, Orlik und