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Damit sollte gesagt sein, dieses Bild hat nur für zwei Stunden Bedeutung. Ich selbst las unter dem Titel „DADA“ einen Zeitungsartikel, während eine elektrische Klingel ununterbrochen meine Stimme übertönte. Diese Nummer wurde vom Publikum, das nervös wurde und fortwährend schrie: „Genug, ge nug!“, sehr schlecht aufgenommen. Man versuchte, diesem Akt eine futuristische Erklärung zu geben. Ich wollte ganz einfach ausdrücken, daß meine An wesenheit auf der Bühne, mein Gesicht, meine Bewegungen der Neugier der Zu schauer genügen sollten, und daß das, was ich sagen konnte, im Grunde keiner lei Bedeutung hatte. Im „Grand Palais“ der Champs Elysees gaben Tausende von Personen aller Stände sehr lärmend ich weiß nicht recht was zu erkennen, ihre Freude oder ihre Unzufriedenheit, durch plötzliches Geschrei und Massengelächter, was eine sehr hübsche Begleitung zu den von sechs Personen zu gleicher Zeit ver lesenen Manifesten bildete. Die Zei tungen sagten, ein Greis habe in dem Saale mehr oder weniger intime Handlungen vorgenommen, man zündete Magnesiumlicht an, eine schwangere Frau mußte hinaus gebracht werden. Es ist wahr, daß die Zeitungen auch ange kündigt hatten, Charlie Chaplin würde einen Vortrag über die Dadabewegung halten. Obgleich wir die Nach richt dementiert hatten, folgte mir ein Journalist überallhin wie mein Schatten, weil er an eine neue List des berühmten Schauspielers glaubte, der sich die Ueberraschung durch seine plötzliche Erscheinung nicht entgehen lassen wollte. Mit Betrübnis erinnere ich mich, daß Picabia, der an der Manifestation teil nehmen sollte, im letzten Moment verschwand und fünf Stunden lang unauf findbar blieb. Die Sitzung schloß mit einer Ansprache des Königs der Kamelotts, Herrn Buisson, der eine sehr merkwürdige Beschäftigung hat: Jeden Tag sagt er am Boulevard Madeleine denen die Zukunft voraus, die sie hören wollen. Abends verkauft er dann Zeitungen am Ausgang der Untergrund. Ein paar Tage später fand dann in einer zum Kino umgebauten Kirche, dem Lokal des „Club du Faubourg“, ein Vortrag über die Dadabewegung statt Jean Cocteau 103