Siegfried Sebba MARGINALIEN Schmelings Knockout-Rezept. Wer wagt, gewinnt, vorausgesetzt, Fortuna vergißt nicht, daß der alte Römer sie seinerzeit verpflichtete, fortem adiuvare. Wäger haben zwar auch schon das Genick gebrochen und Feige das große Los gewonnen, aber wäre dem nicht so, was wäre Wagen denn dann für ein Wagnis? Mehr noch als auch schon ohnedies müßte der Mut für Feigheit mit umgekehrten Vorzeichen gelten. Schmeling wagte gern, und deshalb konnte er oft gewinnen. Da ein so klarer Knockouttreffer millimetergenau auf der Kinnspitze einschlagen muß, gehört Glück zur erfolgreichen Landung, wie zu allem Erfolg in der Welt. Mehr Segen hatte Schmeling auch nicht. Das Rezept könnte folgendermaßen analysiert werden: 158 Pfund Schlagkraft (stark gepfeffert), ein Maß Geistesgegenwart, mit % Pfund Glück versetzt, dazu zwei Hände voll Wut und ein Schuß vorgeheizter Nervosität, alles in Reaktionsschnelligkeit zu sammengerührt und in einer Zehntelsekunde auf die Kinnspitze aufgetragen, dann zehn Sekunden warten, wie es aufgeht. Hierauf kann der k. o.-Kuchen serviert werden. Schmeling verfügt in seinem Rechtshänder über unheimliche Schlagkraft. Man muß schon an Carpentier oder Dempsey denken, um Vergleiche ziehen zu können. Rudi Wageners Wucht ist vielleicht noch zermalmender, aber sie verhält sich zu Schmelings schußgleichem Stoß, wie eine Dampfw'alze zu einem Schmiedehammer. Schmeling ist jung, bescheiden und beherrscht, und er 122