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IM ROTEN FRACK Von ANONYM US P -irforce — — : Die mehr oder minder erfolgreichen Bestrebungen, die deutsche Sprache von Fremdwörtern zu säubern, haben sich, obgleich wir bereits beim wohllautenden „Wiekend-Kaffee“ und „Schaumpun“ angelangt sind, erstaunlicherweise noch nicht auf das Wort „Parforce“ erstreckt. Wo doch die Uebersetzung „Mit Gewalt“ ebenso richtig wie einleuchtend wäre. „Mit-Gewalt-Jagd-Verein“ klingt doch schön und teutsch. Nun braucht bei solcher Jagd durchaus nicht immer ein Mensch der „mit Gewalt Jagende“ zu sein. Es ist sogar sehr reizvoll und nervenkitzelnd, wenn es umgekehrt vor sich geht: Zog ich da zum Beispiel einmal an der Spitze der Träger auf einem Maul esel durch die ostafrikanische Steppe. Meine Gedanken waren rein von Mord; denn mit 65 Schwarzen hinter mir war ich lediglich damit betraut, das Lager von einer Wasserstelle zur ändern zu verlegen. Die beiden zur Safari gehören den Herren waren etwas früher aufgebrochen. Da bekam in fünfzig Schritt Entfernung ein sich friedlich sonnendes Rhinozeros Wind von mir und nahm mich alsbald unbedenklich und blitzschnell an! Warum, habe ich nie erfahren — es muß wohl Abneigung auf den ersten Blick gewesen sein! Mein alter kluger Esel war sofort im Bilde und haute windend mit mir ab, dicht gefolgt von dem aufgeregten Dickhäuter. Es dauerte einen kleinen Kilometer durch Klippen und Dorngestrüpp, bis ich — es gibt auch Schutzengel — zufällig in Schußnähe unseres Bwana Mkubwa kam, der meinem Verfolger prompt eine Kugel zwischen die Lichter setzte. Das war meine erste und kürzeste, aber bis jetzt aufregendste „Mit-Gewalt-Jagd!“ Schrecklichere Angst kann bei einer europäischen Jagd zu Pferde kein Reiter ausstehen, und das will allerhand bedeuten! Denn manche schwitzen Blut und Wasser, die sich, weil sie schon öfters durch den Wald kochäppelt sind, zum Parforcereiten reif fühlen, und dann ahnungslos — mit Gewalt -—- mittun möchten. Der Wunsch, parforce zu reiten, entspringt durchaus nicht immer rein sport lichen Beweggründen. Die Annehmlichkeiten und Vorteile, die man sich davon verspricht, sind sehr verschiedener Natur! Erstens bietet sich — dies ist schon ein großer Anreiz •—- begründete Gele genheit, ein prächtiges Gewand anzulegen und, wirksam gesteigert durch ein Monokel, den Eindruck eines absoluten Kavaliers hervorzurufen. Vergessen sind Teppiche, Grammophone, Gemälde und Pelze, mit denen man vor zwei Stunden noch in engster Berührung stand — man schlägt sporenklingende Hacken aneinander, sagt: „küß die Hand“ und wird par force ein anderer als man im Alltagsrock war! Dann schlängelt man sich, möglichst schon beim Stelldichein (denn: wer weiß, ob wir uns Wiedersehen!), gewandt an das Ziel seiner Wünsche heran. Dieses kann ein einflußreicher Mann sein, dessen Bekanntschaft man auf diese 80