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Ein kleiner chinesischer Boy, der auf dem englischen Paketboot dient, kann solche Ungerechtigkeit nicht ertragen. In großer Verzweiflung und in passivem Protest singt er leise ein Abschiedslied und erhängt sich an der Tür der Kapitänskabine. Im dritten Akt wird bei den Chinesen das Los gezogen, um die Todesstrafe festzustellen. Hier sind viele ergreifende und tief erregte Szenen, voll von Furcht und Flehen, Klagen und Haß, die sich zu Rache und Aufruhr und endlich zum Kampf gegen die Unterdrücker steigern. Mit Klötzen um den Hals sitzen gedrückt die zum Tode verurteilten Chinesen. Ihr letzter Abschied, die Entrüstung unter den Kulis und der leidenschaftslose Gleichmut der Engländer schaffen eine große Spannung. Die letzte Szene ist die effektvollste. Das feierliche Begräbnis mit er greifend eigenartiger Musik, Fahnen und großem Trauergefolge verwandelt sich allmählich in eine Demonstration gegen die Unterdrücker. Im Zuschauerraum sind Bomben aufgehängt, die im Augenblick der höchsten Ekstase mit großem Knallen und Krachen explodieren und dem Publikum die Proklamation: „Brülle, China!“ — wahrhaft zudonnern. Hier gibt es 'keine tragenden, großen Rollen. Die Masse, das Volk, China, die Kulis spielen die Hauptrolle und sie spielen sie vorzüglich. Meyerhold zeigt sich als Regisseur großen Maßstabes. Nach seiner Auf führung scheinen die anderen Theater, die gewöhnlich nur einfache „Zimmer dramen“ und intime, individuelle Gefühle behandeln, so unwichtig, un bedeutend zu sein. Meyerholds Theater hat einen großen und wohltätigen Einfluß auf unsere Jugend; es bringt den Zuschauern nicht nur Lust und Vergnügen, sondern dient als Echo des Zeitgeistes und Ruf zum Kampf für das neue Leben. (Marie Markowitsch.) DAS ÄUSSERE DER SCHAUSPIELERIN Vo n GRETE SCH ERK E s wird keinem Kunsthändler einfallen, einen Gainsborough (so er ihn hat!) in einen billigen Kitschrahmen zu hängen. Ihr findet das selbstver ständlich. Warum findet ihr nicht ebenso selbstverständlich, daß man dem wertvollen Künstler der Bühne (in diesem Fall der Künstlerin, denn ich spreche für mein Geschlecht) einen passenden, zumindest einen Rahmen überhaupt gibt? Wenn wir schon vom Aeußeren der heutigen Schauspielerin sprechen: maisons de beaute und ihresgleichen genügen nicht. Mögen sie helfen, unter stützen; mag sein. Ich weiß das nicht. Ich weiß nur, daß das Gesicht keine Hilfsmittel als die des echten inneren Empfindens braucht, um so auszusehen, wie es soll. Der Körper, außer von einer Tänzerin, nackt dargeboten (Vorsicht! immerhin) vom Geist beseelt, also zum Kunstwerk erhoben, braucht den not wendigen Rahmen. (Braucht den notwendigen Rahmen.)