FRITZ VON HOLSTEIN Vo n KURT FREIHERR VON REIBNITZ D er Vater, ostelbischer Landjunker, kam in jungen Jahren in den Flammen eines brennenden Heuschobers um. Das schreckliche Bild wurde Fritz von Holstein nie wieder los. Man verkaufte das Gut und zog nach Berlin. Mutter und Tanten verzärtelten ihn, waren mit krank hafter Aengstlichkeit um ihn, begleiteten ihn sogar auf die Universität Bonn. Das Gegengewicht des Korps oder eines Dienstjahres fehlte. Etwas effeminiert, sehr eitel, wurzellocker, unruhig und daher zum Kosmopolitischen neigend, trat Holstein 1859, zweiundzwanzigjährig, in den diplomatischen Dienst. Petersburg — dort arbeitete er zwei Jahre unter Bismarck —, London, Washington. In den Vereinigten Staaten verbrachte er drei Monate unter Indianern. Ein Leuchten kam in seine tiefliegenden, unklar flimmernden Augen, wenn er von dieser Zeit erzählte. 1870 berief ihn der große Kanzler als Sekretär nach Ver sailles. Wie Augenzeugen berichten, machte der damals Dreiunddreißig- jährige in seiner Felduniform einen ganz und gar unmilitärischen Eindruck. Den Famulus ließ Bismarck in Paris. Mit feinem Instinkt hatte er das Weibische in ihm gespürt und machte nun den damals treuesten Anhänger zum Spion gegen seinen Todfeind Harry Arnim. Ein dunkler Dezembervormittag 1874. Der verwitterte Saal des alten Berliner Stadtgerichts. Prozeß gegen den Kaiserlichen Botschafter Grafen von Arnim. Der Zeuge Holstein kommt zum Eide und muß sich unter seinem Druck als Denunziant bekennen. Die Arnims hängen wie die Kletten zusammen. Regierende Familien in Preußen, wie die Dohnas, Eulenburgs und Dönhoffs, rücken sie von ihm ab. Die Berliner Hofgesellschaft folgt. „Die Bismarcks“, sagte Holstein einmal im Alter, „haben mir damals wie einem Galeerensträfling das Kainszeichen auf die Stirn gebrannt.“ Der große Kanzler ist ihm verpflichtet. Plolstein kommt 1876 als Vortragender Rat in das Auswärtige Amt. Unermüdlich vom Morgen bis zum Abend lebt er nur der Arbeit, ist bald der beste Kenner aller Akten. Beinahe monoman gibt es nur eins für ihn: die auswärtige Politik. Alles andere —- innere Politik, Wirtschaft, Technik — inter essiert ihn nicht. Den Söhnen Bismarcks wird er unentbehrlich, tritt in freundschaftliche Beziehungen zu ihnen. Der Vater liebt ihn nicht be sonders: „Eigentlich war er mehr Arnims Schüler als meiner, nur im Souterrain zu gebrauchen. Flecke auf der inneren Iris.“ Holstein wußte das und verband sich mit denen, die gegen Bismarck hetzten. Unter ihm war er nur Handlanger gewesen. Jetzt kam die Zeit 422