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Zwiesprache des Nachtwächters mit dem Gevatter Hein kam seiner Vorliebe für geisterhafte, unwirkliche Motive in jeder Weise entgegen. Das Buch zeigt den Künstler auf der Höhe seines Könnens und Schaffens. Die Fläche scheint zu wogen von schwarzen und weißen Nebeln, aber mit unerhörter Sicherheit formt und verdichtet sich unter seinen Händen die Bildkomposition. Es war kein Ringen mit einer fremden Welt, sondern das Finden und Lösen eines Menschen, dessen Blicke schon hinüberschweiften auf die andere Seite des Stroms. Das Werk erscheint in 200 numerierten Exemplaren auf Bütten papier von Gebr. Mann gedruckt, die Lithos auf der Handpresse von A. Rogall abgezogen. Die ersten 50 Nummern enthalten eine zweite Folge der Lithos auf Japan und sind in Ganzleder gebunden. Von der Propyläen-Kunstgeschichte ist ein neuer Band anzuzeigen, und zwar: „Die Kunst des Realismus und des Impressionismus im 19. Jahr hundert“, bearbeitet von Emil Waldmann, dem Dichter der Bremer Kunst halle. Er behandelt die glanzvolle, tatenfrohe, an Künstlerpersönlichkeiten und bedeutsamen Werken reiche Zeit von etwa 1830 bis I9°°> beginnend mit den frühen Realisten in Deutschland (C. D. Friedrich, Blechen, Wasmann) bis zur letzten Ausgestaltung des Impressionismus durch Cezanne, Gauguin, van Gogh, Munch. Ein besonderer Abschnitt ist den im 19. Jahrhundert be deutungsvollen graphischen Künsten, ein anderer der Bildhauerkunst von Carpeaux bis Renee Sintenis zugewiesen. Der Text ist, wie immer bei Wald mann, graziös und flott geschrieben; mit wenigen suggestiven Strichen gibt er die „Impression“ der verschiedenen Künstlerpersönlichkeiten und ihres Schaffens. Der umfangreiche Bilderteil von ca. 500 Abbildungen, in wir kungsvoller Weise durch 20 farbige Tafeln ergänzt, zeigt manches seltener oder an versteckter Stelle wiedergegebene Werk. Unter dem Titel „Aeskulap und Venus“ erschien ferner im Propyläen-Ver- lag eine Kultur- und Sittengeschichte im Spiegel des Arztes von Eugen Hol länder. Wie bei allen früheren medizinisch-kulturhistorischen Werken des be kannten Berliner Chirurgen ist man erstaunt über die Fülle des Wissens und die reizvolle Art der Darstellung. Schon früh taucht im Hirn des Menschen als ein Elementargedanke der Wunsch auf, das Aeußere des Körpers schmückend in mannigfacher Weise umzugestalten. Nicht zuletzt sind erotische Motive hierbei ausschlaggebend und wegweisend. Sie sind es bis zum heutigen Tage über alle Erkenntnis der natürlichen Körperschönheit hinaus geblieben. Zu dieser Körperbearbeitung gehören auch die eigenartigen, gleichfalls heute weltweit noch geübten Genitaloperationen. Aus ihnen erwuchsen mancherlei chirurgische Beobachtungen und Praktiken, die in den ersten Heilbestrebungen verankert erscheinen. Von der Vorzeit führt uns Holländer über die Alt kulturen. Das Zweistromland, die Phöniker, Alt-Aegypten, Alt-Juda, Indien, China und Japan, Altamerika werden unter diesem Gesichtswinkel uns lebendig. In der ärztlichen Kultur- und Sittengeschichte von Alt-Hellas gipfeln die Ausführungen. Eine Fülle geschickt gewählter, außerordentlich interessanter Illustrationen, die in alle Zweige der frühesten Kultur- und Sittengeschichte hineinleuchten und vielfach zum erstenmal veröffentlicht sind, ergänzen die erstaunlichen Ausführungen des Verfassers in anschaulichster Weise. 779