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DER KORPSHUND MATTHEO QUINZ In einer Nebenstraße der Karlstraße, unweit der Charite, be treibt Herr Franz Schüttehehn eine Gastwirtschaft. Bis vor 20 Jahren, Herr Schüttehehn zählt heute 72, war Herr Schütte- helm Fax bei einem der feudalsten Korps in Bonn. Heute betreut er in seinem Lokal die Angehörigen mehrerer kleiner Verbindungen, die sich eigene Heime nicht mehr leisten können. Als Kenner der Materie war er so freundlich, unserem Bericht erstatter einige Auskünfte zu geben. U nseren guten alten Studentenhund hat der Fiskus verschluckt. Das ist eine traurige Wahrheit. Aber welcher Student sollte heute das Geld für die Steuer aufbringen, wo der Monatswechsel kaum so viel ausmacht wie ein Steuerquartal? Ganz allein ist der Fiskus auch nicht schuld, sondern das Aus sterben der wirklichen Zimmervermieterinnen, die sich des Hundes annehmen, und die Gastwirte, die heute gleich 30 Pfennig für eine Portion Knochen fordern. Nur noch in Erlangen gibt es Studentenhunde wie früher, weil da der Ma gistrat ein Einsehen hatte und Hunde von Immatrikulierten steuerfrei gelassen hat. Aber ihre Künste können sie dort auch nicht mehr zeigen. Ist es doch vorgekommen, daß ein Studiosus wegen Unfugs angezeigt worden ist, weil er sich von seinem Hund das Bierglas hat nachtragen lassen. Dazu ist doch der Hund da? Oder nicht? Nur mit Sport ertüchtigt man die Jugend nicht, auch die alten Bräuche hatten ihr Gutes. Wie richtig hat der Hund früher seinen Herrn ins Kolleg geführt, hat ihn vorher geweckt, am Abend vorher richtig nach Hause gebracht. Das waren alles Dinge, die das Leben erheiterten. In Norddeutschland gab es eigentlich nie Korpshunde, was daran liegt, daß in allen Lokalen von Kellnern bedient wird, während der Hund bekanntlich auf die Kellnerin dressiert ist und es gar keinen Fez macht, wenn er einen Kellner jagt. Ich selbst habe viele berühmte Hunde gekannt. Die Bonner Borussen hatten lange Zeit ’ne Dogge, die direkt von der Bismarckschen abstammte, und be rühmt war der „Methusalem“ der Saxonen, der ein biblisches Alter erreichte und seinen Namen von dem Karl Mayschen „Blauroten Methusalem her hatte. Methusalem konnte bis zu 12 Liter Bier vertragen und hat Jahre hindurch diesen Rekord gehalten. Er starb an Nierenschrumpfung, sonst die Gastwirts krankheit genannt, und wurde mit solennen Ehren begraben. Uebrigens war er nicht nur ein fester Trinker, sondern auch ein erstklassiger Läufer, der bei dem alljährlichen Hunderennen oft siegte; allerdings wußte er, daß ihn am Ziel eine große Molle Bockbier erwartete, das er besonders liebte. Ein anderes Korps hatte mal einen weißen Pudel, der das volle Bierglas auf dem Kopf balancieren konnte und auch auf zwei Beinen, das Glas im Maul, in die Kneipe spazierte. Die Sensation dauerte aber nur einige Tage, Methusalem biß den 737