KULTURNOTIZ E N EIN OFFENBACH-FUND In einem privaten Nachlaß wurde kürzlich die vollständige Partitur einer bisher unbe kannten komischen Oper von Jacques Offenbach gefunden, deren Handlung die fran zösische Revolution glossiert. Die Oper wird in einer Überarbeitung zu Beginn der nächsten Spielzeit uraufgeführt werden. KARL VALLENTIN, EIN DEUTSCHER CHAPLIN Der münchener Komiker Karl Vallentin. den die deutsche Filmindustrie seit seinem Filmdebüt im Jahre 1912 ignoriert, hat eine eigene Filmgesellschaft gegründet und wird, gemeinsam mit seiner Partnerin Lisi Karstadt, demnächst mit der Produktion eigener Filmgrotesken beginnen. ES IST ANDERSWO NICHT BESSER! Der polnische Schriftsteller Bruno Jasienski, dessen Roman ,.Je brule Paris“ nach dem Vorabdruck in der „Humanite“ hei Flammarion erscheinen soll, ist wegen dieses Romanes, trotz des Einspruches bedeutender Schriftsteller wie Barbusse, Rolland und Duhamel, mit einer Frist von 24 Stunden aus Frankreich ausgewiesen worden. EIN FRANZ-MEHRING-PREIS! Die Universum-Bücherei für Alle, Berlin, hat einen Franz Mehring-Preis in Höhe von 2000 M. gestiftet, der alljährlich am 1. Mai, dem internationalen Arbeiterfeiertag, zur Verteilung gelangen soll. Der Preis soll der jeweils besten literarischen Arbeit zu erkannt werden, die der sozialistischen Weltanschauung erwachsen ist, und wird zum ersten Mal am 1. Mai 1930 verteilt werden. Der Jury gehören neben dem jeweiligen Leiter der Universum-Bücherei u. A. Job. R. Becher, Bert Brecht, der berliner Arbeiter Günther, Herbert J bering und Erwin Piscator an. WIEVIEL ZEITSCHRIFTEN GIBT ES IN DEUTSCHLAND? Nach einer Aufstellung der Deutschen Bücherei in Leipzig ist der Umfang des deut schen Zeitschriftenwesens in den letzten hundert Jahren um das Achtzehnfache ge wachsen. Gegenwärtig erscheinen in Deutschland 6900 Zeitschriften, die von 4230 Ver legern herausgegeben werden. Ein Drittel davon fällt auf Fachpublikationen mit der durchschnittlich höchsten Auflageziffer von 2000 Exemplaren. Zwei Drittel der übrigen Zeitschriften bewegen sich in einer Auflagehöhe von 5000, während 34 Prozent der Literaturblätter nicht einmal die Auflage-Grenze von 1000 erreichen. GOTT LÄSST SICH NOCH IMMER LÄSTERN UND SCHÜTZEN! Nach dem gerechten, für deutsche Justiz-Verhältnisse überraschenden Grosz-Frei spruch scheint die berliner Justiz um ihren guten Ruf besorgt zu sein. Diesmal hatte sie es — zum x. Mal — auf den „Pfaffenspiegel“ des 48 er Revolutionärs Otto von Corvin abgesehen, der in der Neuüberarbeitung eines Landgerichtsrats (!) im Verlag Bartels, Berlin-Weißensee, erscheinen sollte. Aber der Herr Landgerichtsrat hatte die Über schrift „Die heilige Trödelbude“ übersehen, so daß sich die katolische Kirche in ihrem Reliquien-Handel gestört sah und eine Gotteslästerung konstruierte. Das Schöffen gericht Berlin-Lichtenberg zog die Auflage von 5000 Exemplaren ein und ordnete die Vernichtung der inkrimierten Druckplatten an. Das Grosz-Urteil ist wettgemacht, die reaktionäre Justiz behauptet sich.