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ten genau, um was für eine Politik es sich handelte, aber es war mit Gefahr für ihr Leben verbunden, gegen sie zu opponieren oder auch nur den Schein solcher Opposition zu erwecken. Es war die Politik, die Robespierre, ihren Freund, töten sollte. Jeder wartete auf die erste Frage, die an ihn gerichtet würde, der Krüppel in Furcht, der Junge in Beklemmung. Jeder fragte sich, wie er antworten solle, so zu tun, als ob er sich mit dem Sturz des Füh rers abfände oder zu tun, als wüßte er nichts von den Absichten, die man mit Robespierre habe. Sie wagten es nicht, gegen das, was im Gange war, zu spre chen, noch weniger aber, dagegen zu stimmen, wenn es zu einer Abstim mung kommen sollte. Couthon stieß die Luft durch die Nase, und Saint Just bewegte leicht den rechten Arm, als das Schweigen durch keine Frage an sie unterbrochen wurde, sondern durch die rauhe Stimme des Cevennolen Jean Bon. Als einziger von den geschäftigen und herben Männern dieser kleinen Versammlung zeigte er in seinem Ge sicht etwas, das Heimlichkeit und Haß verriet. Robespierres Sturz war im Komitee beschlossen. Seine Popularität obstru ierte ihre Funktionen. Die starre Herr schaft seiner Meinung klirrte mit ihren physischen und aktuellen Kräften zu sammen; seiner Regierung Phantasma mit ihrer Exekutive. Couthon und Saint Just waren in diesem Kollegium seine einzigen Freunde. Barrere offiziell und Carnot mit der natürlichen Un geduld des Soldaten, der eine aus die sem, der andere aus einem anderen Grunde, aber aus staatsmännischen Gründen hatten alle entschieden, daß der Mann abzutreten habe. Nicht so Jean Bon. In ihm war die Böswilligkeit des Geringem gegen den Großem. Es war die Gelegenheit einer persönlichen Rache, welche Licht in seine kleinen, schwarzen, listigen Augen brachte und seine dünnen Lippen zusammenzog. Gerade hatte Jean Bon zu sprechen begonnen, als ohne Meldung oder Klopfen, denn keinem Fremden war Zutritt hier erlaubt, die Tür sich öffnete und Robespierre selber eintrat. Er hatte ebensowenig geschlafen wie die ändern. Hatte seine Nacht darauf verwandt, eine Verteidigung niederzu schreiben, die er notwendig wußte, aber auf seinem knochigen, starren Gesicht waren die Spuren der Ermüdung weit weniger merklich als auf den Gesichtern seiner Kollegen; und die äußerste Sorg falt seiner Toilette, das glitzernde Silber auf seinen Schuhen und die blasse Fein heit seiner Hände liehen seiner Person etwas wie Frische und Kraft gegenüber diesen Männern, die länger als zwölf Stunden ihre gegenseitige Gesellschaft ertragen hatten. Außer in der Kraft spürte jeder die Kluft, die ihn von Robespierre trennte. Besser für sie, ihn nur selten zu sehen. Nur einen Augen blick zuvor waren sie seine Richter ge wesen. Und waren bereit, ihn wieder zu verurteilen, sowie er gegangen. Er setzte sich auf den einzigen leeren Stuhl, legte seinen kleinen Stock vor sich auf den Tisch und daneben ein braunes Notizbuch, das er in der Hand getragen hatte. Er vermied es, jemand ins Gesicht zu sehen, bis auf einen raschen, aber bestimmten Blick auf Saint Just. Und sagte nun, daß er in 34