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NOCHMALS WIRTSCHAFTSDILETTANTEN Es war schon einmal von den Di lettanten der Wirtschaft die Rede, die leider der deutschen Wirtschaft keines wegs zu sonderlichem Vorteil gereicht haben, deren Taten sogar vielfach recht bedenklich gewesen sind, und zu ihnen gehört auch der mit einem Male so bekannt gewordene Herr Lange-Hegermann. Die wenigsten Leute hatten vordem von seiner Existenz etwas gewußt, und als Parlamentarier, als Politiker war er niemals hervorgetreten, wenn er auch schon lange den Reichstag zierte. Daß er als Politiker niemals hervorgetreten ist, soll kein Vorwurf sein; aber es wäre besser gewesen, wenn er auch als Finanzmann niemals her vorgetreten wäre. In Finanzkreisen kannte man Herrn Lange-Hegermann schon seit geraumer Zeit. Nicht etwa nur bei der Merkurbank; sondern auch zum Beispiel beim Tschechoslowaki schen Bankverein, in Bankkreisen kurz „Tschechobank“ genannt. Auch dort hatte Herr Lange-Hegermann, der das Bankfach niemals erlernt hatte, son dern ein bescheidenes Handwerk mit Nadel und Zwirn, eine Gastrolle ge geben. Sonderbarerweise aber hatte er es überall verstanden, sich für einen großen Sachverständigen in Bank- und Finanzangelegenheiten auf zuspielen, und so hatte er es auch durchzusetzen gewußt, daß man ihn, gerade ihn, im Frühjahr 1923 zum Vorsitzenden des sonderbaren „Unter suchungsausschusses“ des Reichstags über die Ursachen der Devisenhausse gewählt hatte. Auch nannte man ihn später sehr viel in Verbindung mit den Vorgängen am Kriegsanleihemarkt, und man schüttelte manchmal ver wundert den Kopf, wenn wieder ein mal das Zentrum parteiamtlich sehr energisch Stellung gegen die „Speku lation“ am Anleihemarkt nahm. Das war gewiß das gute Recht der Zen trumspartei, aber mit dieser offizi ellen Stellungnahme stimmte manches nicht überein, was manche Parteian gehörige taten. Und nun ist Herr Lange-Hegermann, wie man vor weni gen Tagen erfuhr, Mitglied der Zen trumspartei gewesen. Die Öffentlichkeit hat sich in diesen Tagen auch sehr darüber gewundert, daß manche ehemalige Beamte plötz lich Direktorstellen in großen Kon zernen bekleideten. Warum eigentlich? Es kommt doch nur darauf an, ob jemand etwas leistet. Wurde er aus dem Staatsdienste fortgeholt, weil er in der Tat zu größeren Taten befähigt war, einen größeren Wirkungskreis aus füllen konnte, warum sollte da immer „Korruption“ im Spiele sein? Haben sich doch sogar die Großbanken ehemals oft genug Männer aus dem Staatsdienst in ihre Direktionen hin übergeholt, oder auch aus dem Direk torium der Reichsbank selbst, wie etwa den kürzlich verstorbenen Ge heimrat Waldemar Müller, der lange Jahre der Direktion der Dresdner Bank angehört hat,oder den ehemaligenStaats- kommissar der Berliner Börse, Geheim rat Hemptenmacher, der von dort zur 18