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X WERBEKUNST IN UOL Photo: Scherls Bilderdienst Wer in Holland nach einer einheitlich-fortschrittlichen oder gar landeseigenen Werbekunst sucht, wird leicht enttäuscht. Wie kommt das nur? Die Holländer lieben das Geschäft, warum also nicht auch das, was den Handel antreibt, ihn fördert und belebt, die Werbung? Das Geheimnis enthüllt sich einem in den zahlreichen stillen, versunkenen Grachten Amster dams. Die Häuser sind schmal, ärmlich und fast verkommen, sie sind so ganz schweigsam und zurückhaltend. Nur — betritt man sie, so ist man verloren inmitten des kostbaren Marmors, der wertvollen Teppiche, der schwer - eichenen Täfelung, der alten Truhen, berückenden Gemälde, geschmiedeten Leuchter, seltenen Kannen und Geräte. Das ist es eben, hier, verborgen vor der Außenwelt, werden heute, wie vor fünfzig und hundert Jahren, die großen Transaktionen und wirklichen Geschäfte bei dicken Zigarren und guten Likören gemacht. Seiner Überlieferung und Erfahrung nach liebt der nieder ländische Kaufmann keine auffällige Fassade. Was aber ist schließlich Werbung und ihr künstlerisch gestalteter Ausdruck, Gebrauchsgraphik, anders als die einladende, rufende, lockende und ungeniert offene Fassade des Handels? So hat die Werbekunst in Holland heute noch einen schweren Stand. Mißtrauen und Vor urteil haben ihre freie Entwicklung gehemmt. Wo sie in Erscheinung tritt, ist sie gemischt und ohne nationales, eigenes Gesicht. Selbst ausgezeichnete und bemerkenswerte Leistungen verraten deutlich die Einflüsse der großen Reklame-Nationen. Immerhin lohnt es sich, das Vorhandene zu betrachten. Das Feld beherrschen zwei bedeutende Reklame-Agenturen, die inmitten eines allzu traditionsgebundenen, vielfach direkt werbefeindlichen Volkes eine beachtliche Arbeit leisten. In einem der besungenen stillen Häuser auf der Heerengracht ist das Werbeunternehmen van Alfen beheimatet. Planmäßig und bewußt wird hier alles vermieden, was allzu experimentell anmutet, aber aus jeder Anzeige und aus jedem Prospekt spricht ein solider, sicher führender und überragender Geschmack. Man erfährt nicht, wer die Urheber der ver schiedenen Arbeiten sind. Bei van Alfen wird der Name und der Ruf des Hauses vor den 16