(OTTO FRANZ KUTSCHER ALS DIRE KTOR DES ZIRKUS CHROMGELB) DeR im Vorjahre noch ekstatisch schäumende Strom von Festen ist in diesem Jahre von den riesenhaft gewachsenen, dürren Pleitegeierplanta* gen merklich aufgesogen worden. Kein Menschen* freund wird ohne ein wenig VEimpernfeuchtigkeit diese schmerzliche Tatsache hinnehmen. Denn die Auswirkung ist durchaus nicht so unwesentlich, wie sie dem sonst gedankenlos Lustbarkeitsteuer* zahlenden auf den ersten Blick erscheinen mag. Aber das hängt mit Hemmungen und Verdrän* gungen zusammen, über die nur ein Psyochoanaly* tiker Aufklärung geben kann. Der kann uns erst sagen, weshalb auch der sonst sparsame Bürger mit soviel Selbstverständlichkeit den hochgestochenen Eintrittspreis erlegt, der von Staats* und Stadtsteuer wegen bei M.askenfesten notwendig ist. Und er wird uns auch sagen, weshalb er noch weit mehr Geld ausgibt, um sich in eine entsprechende Ge* wandung zu stecken, die ihn dann als völlig an* deren Menschen erscheinen läßt. Es spricht also der Psychoanalytiker: Denke an Deine Kindertage, freundlicher Mensch. Deine sehnsüchtigen Kinderträume - worin gipfelten sie ? Und dann fällt uns freilich alles wieder ein: daß wir ein stolzer Ritter werden wollten, ringsum blechbepanzert. Oder wir wünschten, ein bild* schöner Prinz zu sein, außen mit viel Sammet und Seide geschmückt. Aber wenn die Träume gar zu hemmungslos flogen, dann wünschten wir, beim Zirkus sein zu können, richtig mit Pferden umzu* gehen und dann schließlich Direktor zu werden. Zirkusdirektor mit Zelt und Wagen und all den Wunderdingen, die dazu gehören. Es fällt uns auch wieder ein, wie hernach der Herr Schullehrer in uns den Keim zur Vernunft pflanzte; wie er in uns die nach seiner unantast* baren Meinung »höheren Ziele« geweckt hat. Da lernten wir dann unser eigentliches Ich verdrängen, das uns im Traume so klar vor Augen gestanden. Wir wurden Maske und waren als solche im wei* teren Verlaufe unseres Lebens mehr oder weniger glaubhaft. 49 jL