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Illustrationen von GEORG GOEDECKER Illustrations by GEORG GOEDECKER JULIUS STEINER E I N FÄ L L E Die Säule bringt es an den Tag. * Alle Menschen sind Künstlern gegenüber frei» gebig. Selbst die größten Geizhälse sind freigebig: mit guten Ratschlägen. * Es gibt zwei Arten von Reklamefachleuten: solche, die für sich und solche, die für andere Re» klame machen können. Die Letzteren sind selten zu finden. * Das Urteil »sehr nett« ist der Comparativ von »miserabel«. * Karl V. bückte sich, um die Pinsel aufzuheben, die Tizians Händen entglitten waren.— Die Zeiten ändern sich. Es gibt heute keinen Künstler mehr vom Range Tizians und keinen Kaiser von der Bedeutung Karls V. Nur die Pinsel sind geblieben. * Das schnellste Mittel, üble Nachrede über einen Kollegen zu verbreiten, ist auch im Zeitalter des Radio noch die »streng vertrauliche Mitteilung«. * Was die Künstlerin in der Jugend sich wünscht, das hat sie im Alter: die Fülle. * Alle Wege der Gebrauchsgraphiker führen zur »Gebrauchsgraphik«. »Alles verstehen heißt alles verzeihen.« — Dann möge man Wert darauf legen, viele Taten von Lumpen nicht verstehen zu können, denn :»Glei» ches wird nur von Gleichem verstanden«. * Jeder Mensch soll in der Jugend Exzesse be» gehen, um im Alter genau die Grenzen zu kennen, die er nicht überschreiten soll. Es gibt nichts Trau» rigeres als maßhaltende Jugend und exzessierendes Alter: im Leben sowohl als auch in der Kunst. * Wen Gott vernichten will, dem nimmt er nicht, sondern dem gibt er Verstand. * Mit der Dummheit allein schafft man es aber nicht. Man muß noch dazu die nötige Frechheit besitzen. * Eine werbegraphische Arbeit sagt in vielen Fäl» len mehr von dem Auftraggeber als von dem Künstler aus. * Es mag schon Vorkommen, daß große Künstler ungebildete, ja selbst rohe Menschen sind. Daraus ist aber nicht umgekehrt zu folgern, daß etwa jeder Rüpel, der sich mit der Kunst beschäftigt, eine be» sondere Anwartschaft auf Meisterschaft hätte. * Genug desUnfugs mit dem Worte »Qualität«! AlleKünstlerliefern doch Arbeiten vonQualität.(Die einen von guter, die anderen von schlechter.) * Die Berliner Gebrauchsgraphiker werden von den Kollegen aus der Provinz »Schwerverdiener« genannt. Der Name ist zutreffend. Man ver» dient hier wirklich schwer. *