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lität erweitert. Die Werbedrucksache muß nicht nur schön und materialgut, sondern auch zweck entsprechend sein. Wenn die graphische Anstalt auf Qualität hält, so tut sie es des Kunden we gen. Wieviel mehr ist jetzt deren Pflege „Dienst am Kunden!“ Bekennt sich die Anstalt zu ihm, so muß das folgerichtig dazu führen, nun auch den Reklamefachmann neben dem Graphiker als Mitarbeiter heranzuziehen. Die Mitarbeit des Reklamefachmanns aber hat für eine graphische Anstalt mancherlei Ha ken. Er kann niemals so selbstlos im Dienste der Anstalt stehen, wie der Graphiker. Er führt die Tätigkeit der graphischen Anstalt in ihre natürlichen Grenzen zurück, nämlich die der Reproduktion. Eine Druckanstalt ist eben doch ein reproduzierendes und kein schöpferisches Enternehmen. Wenn sie sich mit dem Schaffen von Entwürfen befaßte, so geschah es, um dem Kunden zu helfen, der dazu nicht in der Lage war. Der Reklamefachmann selbst wird nun zwar niemals Entwürfe schaffen, aber sie doch beschaffen. Er muß es, weil die Anstalt den Entwurf nicht unter dem Gesichtswinkel des ganzen Werbewerkes betrachten und behan deln kann. Das mag für eine Kunstanstalt be fremdlich klingen, ist es aber höchstens inso fern, als sie an graphische Entwürfe denkt. Soll sie dem Kunden etwa einen Prospekt schaffen, so erwartet sie ein Manuskript, das sie dann formal gestalten kann. Ein Manuskript ist aber eben auch ein Entwurf, den der Re klamefachmann beschaffen kann und muß, wenn der Kunde es nicht vermag. Dieser Fall kommt häufig vor, und da wird der Kunde der Anstalt nur dankbar sein, wenn sie ihm einen Reklameberater schickt. Für die Druckanstalt aber zeigt sich hier eine Gefahr. Es kann Vorkommen, daß der Kunde eine Drucksache in Aussicht genommen und von einer Auflage von sagen wir 50 000 gesprochen hat. Der gewissenhafte Reklamefachmann wird prüfen, wie die Drucksache am besten verteilt werden muß, und da findet er, daß eine Auf lage von 20 000 durchaus genügt, daß der Kunde zwar die übrigen 50 000 aufs Stück gerechnet billiger bekäme, sie aber für ihn nur Makula tur bedeuten würden. Er kann auch aus dem Werbeetat des Kunden ersehen, daß dieser gar keine so hohe Ausgabe für Drucksachenwerbung machen kann, so daß er ihm auch aus diesem Grunde zu einer gerin geren Auflage raten muß. Schließlich findet er unter Umständen, daß der Kunde mit der Drucksachenwerbung über haupt einen unrichtigen Weg eingeschlagen hat, weil er kein geeignetes Adressenmaterial für die Verbreitung besitzt, und daß er besser täte, statt dessen zu inserieren oder irgendein an deres Werbemittel zu verwenden. Handelt der Reklameberater nicht in allen Fällen dem Interesse seiner Anstalt zuwider, der er einen möglichen Auftrag eines Kunden beschneidet oder gar nimmt? Man kann das natürlich bejahen, wenn man an das Geschäft des Augenblicks denkt. Auf der anderen Seite aber werden dem Reklamefachmann auch Fälle begegnen, wo er dem Kunden statt falsch an gebrachter und teurer Inserate eine gute Druck sache empfiehlt, wodurch die Sache sich dann ausgleichen würde. Nichts wäre für die Druckanstalt, wie für den Reklameberater bedenklicher, als wenn sie ihren Mitarbeiter irgendwie binden würde. Denn in demselben Augenblick würde er auf hören, wenigstens im Sinne des Kunden und des Begriffes Kundendienst, Berater zu sein. Er selbst würde das Vertrauen in seine persön liche Zuverlässigkeit aufs Spiel setzen. Die Druckanstalt aber zöge aus einer Bindung ihres reklamefachlichen Mitarbeiters keinerlei Nut zen, denn die Kundschaft würde ihn nur noch als Vertreter seines Hauses betrachten, nicht aber als Berater in Anspruch nehmen. Aus einem freien Verhältnis aber können für beide Teile Früchte sprießen. Bei der Kund schaft besteht tatsächlich ein — wenn auch oft unausgesprochenes, doch dringendes — Bedürf nis nach einer Beratung in Werbefragen, und die Anstalt, die diesem Bedürfnis entspricht, dient damit sich und ihren Kunden, sie fesselt diese noch enger an sich, als durch ihre Leistun gen. Am meisten Nutzen wird sie aus seiner Mitarbeit ziehen, wenn sie ihm ihre Arbeiten ebenso zur Beurteilung nach der reklametech nischen Seite unterbreitet, wie es mit dem gra phischen Mitarbeiter nach der künstlerischen Seite hin geschieht. Sie wird dadurch erreichen, daß die Nutzwirkung der Werbedrucksachen gesteigert wird, und das ist wichtiger, als daß sie dem Kunden gefallen. Die bessere Wirkung führt dazu, daß mehr Reklame gemacht wird, und darin liegt der hauptsächlichste Wert des Reklamefachmanns als Mitarbeiter nicht allein für das graphische Gewerbe, sondern für die ganze Reklame-Industrie. 43