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TRAU GOTT SCHALCHER WERBLICHER ABERGLAUBE il/S wäre um die Reklame viel besser bestellt, wenn nicht jeder, der sich damit beschäftigte, ständig daran dächte, daß seine Leistung auf fallen müsse. Man hat die Reklame so lange eine Kunst genannt, bis die Künstler glaubten, es handle sich bei der Schaffung ihrer Bilder eben falls nur darum, aufzufallen — aufzufallen um jeden Preis. Dieser Aberglaube wurde für die Kunst verhängnisvoll. Das Gieren nach der höchsten Sprosse der Sensationsleiter wirkt zer störend auf die Innerlichkeit. Audi dem für den Künstler so notwendigen Natur Studium ist die Sensationssucht nicht zuträglidi. Es muß ein schreeklidi unangenehmes Gef ühl sein, bei jeder beruflichen Handlungsweise sidi gegenwärtig halten zu müssen, daß man mit seiner Arbeit auffallen soll. Man darf wohl annehmen, daß ein Mensch mit feineren Nerven auf diese Art keine Qualitätsarbeit zu leisten vermödite. Man könnte da allerdings vielleicht mit einigem Recht die Frage aufwerfen: Was hat ein Mensch mit feineren Nerven in der Reklame zu suchen? Es ist schon viel über das Problem geschrieben und gestritten worden, ob die Reklame in erster Linie aufzufallen habe oder nicht. Man kann sich aber gewiß dahingehend einigen, daß es nicht gerade ein Schaden ist (wenigstens in den meisten Fällen), wenn die Reklame auf fällt. Dagegen würde man gewiß gut tun, jedem Re klamelehrling einzuschärfen: Kümmere dich nicht um die Auffälligkeit! Wer sich vornimmt, bei irgendeiner Gelegenheit recht laut zu schreien, wird meistens kurz vorher heiser. Man sollte die Auffälligkeit nicht an die erste Stelle setzen, sondern an die letzte. Wenn man sich über alles andere klar ist, dann kann man sich überlegen, wie die auffälligste Form gefunden werde, ohne etwas von dem, was durchaus not wendig ist, zu zerstören. Es ist jedoch (nebenbei sei es gesagt) Aberglaube, zu glauben, daß das Auffällige allein auffalle. Heutzutage fällt schon wieder das Unauffällige auf. Vielleicht Was die krit'sche Feder liält Von den Alpen bis zum Belt, Wüt’ es doch zu Haus und schäume. Nur verschon' es Ihrer Träume Wundervolle Märchenwelt! Ulilaml ist es an der Zeit, den Aberglauben des „Auf- fallenwollens um jeden Preis“ fallen zu lassen. Ein anderer verhängnisvoller Aberglaube vieler Reklamebeflissenen ist die Sucht, das Er folgreiche sklavisch zu kopieren. Die Ameri kaner sind das reichste und mächtigste Volk der Welt, folglich müssen sie in allem und jedem naehgealimt werden. Als ob die Verhältnisse des einen Landes und einen Volkes für alle anderen maßgebend wären! Eine Frage: Warum sind wir eigentlich nicht alle schon Millionäre? Es ist doch durchaus kein Geheimnis mehr, wie man sogar Milliardär werden kann. Fast jeder amerikanische Großkapitalist schreibt am Abend seines Lebens seine Memoiren und gibt ganz genau Auskunft darüber, wie er’s gemacht hatte, um so reich geworden zu sein. Aber auch in Deutschland gibt es Bücher genug, die uns haar klein, bis ins letzte Tüpfelchen, mit deutscher Gründlichkeit nachweisen: Wie sie groß und reich wurden. Trotzdem sind auch im glück lichen Amerika die Millionäre selten. Vielleicht ist es ganz lehrreich, an dieser Stelle einmal einen Vergleich aus dem Gebiete der Kunst her anzuziehen. Die Rockefeiler, Ford usw. der Kunst heißen Michelangelo, lizian, Correggio usw. Es gab nun eine Zeit, wo man glaubte, wenn man diese Meister sklavisch nachahme, so müsse man auch ein solciier Meister werden. Die es aber noch schlauer machen wollten, ent lehnten von jedem das, was als seine Haupt stärke gilt, von Michelangelo nahmen sie die Wucht, von lizian das Kolorit, von Correggio das Sfumato und das Helldunkel. Und welches war der Erfolg? Die Knnst kam auf den Hund. Eine andere Zeit wieder glaubte in der Nach ahmung der Griechen das Höchste zu erreichen, weil dieses Volk die Kunst auf den höchsten Gipfel gebracht habe. Aber auch dabei ent sprach der Erfolg nicht der aufgewendeten Mühe. Wenn der Löwe dem Schakal auch ganz genau erklärte, wie er’s machte, um Wüstenkönig 30