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WIRTSCHAFT UND WERBUNG FREMDENVERKEHR UND FREMDENVERKEHRSSTATISTIK IN IHRER BEDEUTUNG FÜR DIE MARKT-ANALYSE UND FÜR DIE REKLAME BEARBEITET VON DIPL.-V O LK S WIRT DR.WALTER PUTTKAMMER IM ICHT immer ist der Ort, an dem das Ver mögen des Verbrauchers seinen Sitz hat oder an dem er sein Einkommen erzielt, identisch mit dem Ort, an dem er es ausgibt. Gerade bei den höheren Einkommensstufen ist dies deswegen nicht der Fall, weil — abgesehen von dem Aus einanderfallen von Arbeitsstätte und Wohnort — ein nicht unbedeutender Prozentsatz der Ein künfte auf Reisen, während der Ferien oder während eines Kuraufenthaltes ausgegeben wird. Der Werbefachmann wird deshalb nicht nur an den Orten seine Tätigkeit einsetzen dür fen, die die höchsten Einkommensziffern auf weisen, er wird auch die Plätze stark berück sichtigen müssen, an denen ein lebhafter Frem denverkehr herrscht. Psychologische Gründe verstärken diese Forderung, denn erstens hat der Reisende während seiner Ferien gewöhnlich mehr Zeit, sich mit Dingen zu beschäftigen, die ihm sonst vielleicht nicht so nahe liegen und kann über die Neuanschaffung der Waren, zu der ihn die Werbung auffordert, besser nach- denken. Zweitens ist er während seines Erho lungsaufenthaltes in der Regel auch leichter zu einer gesteigerten Lebenshaltung zu veranlas sen, die er dann nach seiner Rückkehr zur Ar beit beibehalten wird. Noch in anderer Bezie hung ist der Fremdenverkehr für die Reklame von Wichtigkeit: er gibt bequemen Anlaß, aus ländische Reisende zum Bezug inländischer Er zeugnisse zu veranlassen und sie eventuell an deren Gebrauch zu gewöhnen. Denkt man wei ter daran, daß es ja eine ganze Reihe von Ge werbegruppen gibt, die fast vollständig auf den Fremdenverkehr angewiesen sind, und die sich ihrerseits wieder der Reklame bedienen, so kommt man zu dem Schluß, daß die ziffernmä ßige Erfassung des Fremdenverkehrs in den einzelnen Orten mit eine der Hauptgrundlagen einer jeden Marktanalyse bildet. Die Reklame industrie hat deshalb an einer gut durchgeführ ten Fremdenverkehrsstatistik das allergrößte Interesse. Daß eine solche Statistik auch volkswirt schaftlich von großer Bedeutung ist, braucht an dieser Stelle nur angedeutet zu werden. Nicht nur lassen sich aus ihr Schlüsse auf die Entwick lung und den Ertrag der Fremdenindustrie zie hen und Hinweise auf die künftige Ausgestal tung des Verkehrsnetzes herauslesen, der Frem denverkehr bildet auch einen sehr wichtigen Posten in der Zahlungsbilanz als „unsichtbare Ausfuhr“, und da gerade Deutschland mit Rück sicht auf seine Reparationsverpflichtungen allen Grund hat, auf die Gestaltung seiner Zahlungs bilanz besonders zu achten, kann eine Fremden verkehrsstatistik auch in dieser Richtung von größter Bedeutung sein. Leider sind wir mit solch einer Statistik in Deutschland immer noch im Anfangsstadium. Versuchen wir, uns über die Haupt- und Min- destfordernisse einer Fremdenverkehrsstatistik klar zu werden, so müssen wir die folgen den feststellen: Erfassung der Zahl der Frem den, der Dauer ihres Aufenthalts (am besten ausgedrückt in der Zahl der Übernachtungen) und ihres Herkunftslandes; als dieses dürfte nicht das Land der Staatsangehörigkeit gelten, wirtschaftlich wichtiger ist das Land des Wohn sitzes. Nachweise über Beruf, Alter, Geschlecht, Beweggründe der Reise wären zwar gerade für die Reklameindustrie sehr erwünscht, erschwe ren die Erhebungen aber andererseits sehr. Zweierlei muß aber unbedingt gefordert wer- 71