Über das Projekt

Die Illustrierten Magazine der Klassischen Moderne stellen eine außerordentlich gehaltvolle und ästhetisch erstrangige Quelle zur Alltags-, Kultur-, Kommunikations-, Design- und Fotografiegeschichte der Zwischenkriegszeit dar. In wissenschaftlicher Kooperation mit dem Kommunikationswissenschaftler Professor Dr. Patrick Rössler (Universität Erfurt) und mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Deutschen Nationalbibliothek sowie der Axel Springer AG als Rechtsnachfolgerin der älteren Ullstein-Presse wurden durch die SLUB Dresden zunächst die zehn wichtigsten deutschsprachigen Magazine der Ära – mit rund 650 Ausgaben, 75.000 Druckseiten und über 50.000 Abbildungen – erstmals virtuell zusammengeführt und für die Forschung, aber auch für kulturhistorisch interessierte Leser aufbereitet.

Das 2012 bis 2014 laufende Projekt hatte zunächst die zentralen Zeitschriften wie »Uhu«, »Querschnitt«, »Das Leben« und »Das Magazin« zum Gegenstand, berücksichtigte daneben aber auch aufschlussreiche Nischentitel wie »Das Jüdische Magazin«, das »Auto-Magazin« oder das »Kriminal-Magazin«. 

Die Quellen

Ab der Mitte der 1920er Jahre erlebte die Magazinpresse ihren Aufschwung und ist bis heute nicht mehr aus der Kiosklandschaft wegzudenken. Als wöchentliches, zweiwöchentliches oder monatliches Periodikum im Buchformat, mit zwischen 100 und 200 gehefteten oder geklebten Seiten und einem meist farbigen Umschlag, dienten das »Magazin« oder die »Revue« der Unterhaltung und Erbauung und präsentierten den Leserinnen und Lesern eine populäre Mischung aus gesellschaftlichen und kulturellen Beiträgen mit reichhaltigen Illustrationen. Dominantes Gestaltungselement dieses Zeitschriftentyps ist der massive Einsatz von Fotografie, der von technischen Innovationen (wie der Kleinbildkamera) und von neuen Formen der Bildkollektion und -distribution (Fotoreporter, Bildagenturen) profitierte. Der Fortschritt im Druckwesen – wie die Entwicklung der leistungsfähigen Rotationspresse und des Fotosatzes – ermöglichte überdies eine hohe Auflage bei geringen Stückkosten, was den Absatz der Magazine beförderte.

Zielgruppe der Magazine war der neue, urbane Mittelstand in Büro- und Dienstleistungsberufen, der hier einen Lesestoff erwarb, der aufgrund seines Formats und seiner Zergliederung in kurze Lektüreeinheiten wie geschaffen schien für den mobilen Lebensstil zwischen Tram, Vorortzug und Wochenendvergnügen in der Großstadt. Wie kein zweites Medium der Zeit spiegeln die Magazine die Alltagskultur der 1920er Jahre, gebrochen durch die Logik der journalistischen Arbeitsroutinen und Selektionsregeln, die bei ihrer Betrachtung stets mitzudenken sind. Durch ihre weite Verbreitung waren Magazine gleichzeitig in der Lage, als Verkörperung eines »iconic turn« die visuellen Darstellungs- und Wahrnehmungsmuster einer ganzen Generation zu prägen, die dieses mediale Umbruchphänomen begeistert aufnahm. Für ihre breit angelegte Zielgruppe markierten sie, gemeinsam mit dem Stummfilm, den Übergang zu einer visuellen Unterhaltungskultur.

Technik

Der ausgewählte Zeitschriftenkorpus wurde durch das Dresdner Digitalisierungszentrum (DDZ) bearbeitet, das auf dem Gebiet der Retrodigitalisierung geräte- und softwaretechnisch wie auch konzeptionell zu den führenden Kultureinrichtungen in Deutschland zählt.

Die Digitalisierung der Magazine stellt freilich eine besondere Herausforderung dar, weil das Ausgangsmaterial sowohl in seinen Erscheinungsformen (lose Einzelhefte, eng gebundene Jahrgangsbände etc.) als auch in seiner Erhaltungsqualität (z.B. fehlende Seiten, Aufkleber und Markierungen auf den Titelblättern, bei Bindearbeiten entfernte Umschläge und Werbeseiten) sehr unterschiedlich und dazu sehr fragil ist. Schließlich erfordern zeitgenössische medientechnische Innovationen wie Ausklappseiten, Beigaben (z.B. eine Farbfolie), transparente Blätter, Aufkleber oder geteilte Blätter eine individuelle Behandlung, so dass zur Bearbeitung einer einzigen Ausgabe mitunter drei verschiedene Scanner-Typen zum Einsatz kommen.

In einem Routineprozess werden anschließend die gescannten Bilder der Artikel automatisch in digitale Texte umwandelt, die mit Hilfe einer Volltextsuche recherchiert werden können.

Erschließung

Die Erschließung der Texte und Bilder ermöglicht es den Nutzern, anhand formaler und inhaltlicher Stichworte einen ersten Zugang zum Material zu bekommen. Einige grundlegende thematische Schwerpunkte dienen als allgemeines Orientierungsangebot ebenso wie zur Anregung individueller Recherchen. Aussagekräftig sind zudem bereits die Treffermengen zu einzelnen Begriffen in der Suche, die auch für einzelne Zeitschriften oder bestimmte Jahrgänge abfragbar sind.

Die Textbeiträge werden jeweils als einzelne Strukturelemente angelegt; daneben gibt es auch Zusammenstellungen von Abbildungen (wie etwa »Kunstdruckteile« und Einzelabbildungen), die aus drucktechnischen oder inhaltlichen Gründen gleichberechtigt neben den Textbeiträgen stehen. Das Gros der Abbildungen wird allerdings als abhängiger Bestandteil eines Textbeitrags auf der zweiten, darunterliegenden Ebene verankert. Ähnlich wie bei Textbeiträgen von geringem Umfang, Anekdoten oder vermischten Nachrichten, die auf der ersten Hierarchieebene zu einem einzigen Textelement verklammert werden, sind Bildkombinationen und Bildserien, die über eine gemeinsame Überschrift verfügen und für deren Inhalte identische Schlagworte vergeben werden sollen, in einem gemeinsamen Abbildungselement zusammengeführt.

Das Projekt

Projektpartner: SLUB Dresden, Universität Erfurt, Seminar für Medien- und Kommunikationsforschung

Laufzeit: 2012 bis 2014

Förderer: DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft

Projektleitung: Prof. Dr. Patrick Rössler (Universität Erfurt), Dr. Achim Bonte (SLUB Dresden)

Projektkoordination: Dr. Katja Leiskau (SLUB Dresden)

Literatur zum Projekt

Bonte, Achim; Leiskau, Katja, UHU, Querschnitt und die anderen. Illustrierte Magazine der Weimarer Republik digital verfügbar, in: BIS. Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen, Jg. 6 (2013), Nr. 1, März, S. 10-12.

Kau, Victoria, Turning invisible pages. A new internet portal makes magazines from the 1920s available online, in: sisterMAG, A journal for the digital lady, Issue 8 (2013), p. 48-53. (in deutscher und englischer Version)

Rössler, Patrick; Bonte, Achim; Leiskau, Katja (2012), Digitization of Popular Print Media as a Source for Studies on Visual Communication: Illustrated Magazines of the Weimar Republic, in: Historical Social Research / Historische Sozialforschung (HSR) 37.4, S. 172-190.