Florenz im Kreuzfeuer der europäischen Mächte
Die republikanische Regierung unter Pietro Soderini, die seit 1495 im Amt war, hatte zwar 1509 das abtrünnige Pisazurückgewonnen, verfügte aber aufgrund der traditionellen Bündnistreue der Florentiner zu Frankreich über die schlechteren Karten. Nachdem Julius II. 1512 die Franzosen besiegt hatte, verlangte er die Ablösung Soderinis und die Rückkehr der Medici. Nach einer als Exempel statuierten grausamen Plünderung der vor den Toren von Florenz gelegenen Stadt Prato durch die spanischen Truppen floh Soderini zu den Osmanen, während sich die Stadt am 1. Mai 1512 kampflos ergab. Die 1513 von Leo X. eingesetzte Regierung behielt die republikanische Verfassung bei, de facto dirigierte der Papst jedoch von Rom aus alle außenpolitischen und militärischen Entscheidungen. Sein zum Gonfaloniere der päpstlichen Armee ernannter Bruder Giuliano de’Medici, der eine gemäßigte Regierung führte, starb bereits 1516. Als sein Neffe Lorenzo, inzwischen zum Herzog von Urbino ernannt, 1519 ebenfalls starb >L.XII.5, erlosch die Hauptlinie der Medici im Mannesstamm.
Die in dieser Situation erwogene Umwandlung der nur noch formaliter existierenden Republik in eine aristokratische Regierung, an der die führenden Familien der Stadt beteiligt sein sollten, kam aufgrund der römischen Machtverhältnisse nicht zustande. Die Florentiner zogen es vor, den Status quo zu erhalten, da ihnen die römische Herrschaft der Medici, die mit einer kurzen Unterbrechung von 1513 bis 1534 währte, eine Reihe von Vorteilen brachte. Der Austausch zwischen Rom und Florenz nahm auf allen Ebenen zu, wovon auch die Künstler profitierten. Leo X., für dessen dreimonatigen Aufenthalt in Florenz im November 1515 ein triumphaler Einzug veranstaltet wurde, der mit zahlreichen ephemären Apparaten ausgestattet wurde, engagierte sich mehr für die Kunst als es die republikanische Regierung getan hatte. Eine der Folgen seines Besuches in Florenz war der Wettbewerb für die Fassade von S. Lorenzo, an dem Giuliano da Sangallo, Baccio d’Agnolo, Raffael und Antonio da Sangallo d. Ä. teilnahmen >L.XII.5.
Giulio de’Medici, den Leo X. als apostolischen Legaten eingesetzt hatte, zeigte sich während seiner Florentiner Jahre als kunstsinnig und milde. Nachdem er aber 1523 als Papst Clemens VII. nach Rom ging,blieb die Florentiner Politik auf Gedeih und Verderb den politischen Schachzügen des Kirchenstaats ausgeliefert. Nach dem Sacco di Roma, der zur Gefangenschaft des Papstes in der Engelsburg führte, sagte sich Florenz 1527 noch einmal von den Medici los. Ippolito de’Medici, ein natürlicher des 1516 verstorbenen Sohn Giuliano de'Medicis wurde verjagt. Die Verfassung von 1512 wurde wiederhergestellt, die Kompetenzen des Großen Rates erneuert, und man versuchte sogar, das Erbe der Herrschaft Savonarolas wiederzubeleben, indem man 1528 Christus zum König der Republik Florenz proklamierte >L.II.6. Im Frieden von Barcelona, den Karl V. 1529 mit Clemens VII. schloss, verpflichtete sich der Kaiser, die Medici-Herrschaft in Florenz wiederherzustellen. Alessandro de‘Medici, der als natürlicher Sohn von Lorenzo, dem 1519 verstorbenen Herzog von Urbino, ausgegeben wurde, in Wahrheit aber wohl ein Sohn von Clemens VII. war, wurde zum Herzog von Florenz auserkoren. Die Florentiner weigerten sich jedoch, ihn als Oberhaupt anzuerkennen und rüsteten sich trotz einer verheerenden Pestepidemie, die mehr als 30000 Tote verursachte, gegen den Ansturm der Spanier, indem sie ihre Festungen bei S. Miniato ausbauten und die Mauern verstärkten. Michelangelo wurde zum governatore generale delle fortificazioni ernannt und mit der Verstärkung der Festungsanlagen beauftragt.
Nach dem hinterhältigen Verrat des Heerführers Malatesta Baglioni, der dem Feind die Stadttore öffnete, war die Stadt am 12. August 1530 gezwungen, sich den Belagerern zu ergeben, was sie vor der Plünderung, nicht aber vor der Rache rettete. Alessandro de’Medici, der 1531 nach dem Vorbild der Stellung des Dogen in Venedig zum Herzog von Florenz („duca della Repubblica di Firenze“) ernannt wurde, war in der Stadt verhasst. Er ließ die neue Fortezza da Basso errichten, was von den Florentinern als eine schmachvolle Erniedrigung empfunden wurde, und er ließ die große Glocke des Palazzo della Signoria zerschlagen, die ein Symbol der Freiheit der Stadt gewesen war. Als blanker Zynismus wurde es auch angesehen, daß er die Umbenennung des Gebäudes, mit dem sich die republikanische Geschichte der Stadt verband, in Palazzo Vecchio verfügte. Darüber hinaus führte er ein lasterhaftes und in höchstem Maße unmoralisches Leben, so dass allgemeine Erleichterung herrschte, als er 1537 einem Mord zum Opfer fiel, den sein Spießgeselle und Vetter Lorenzino de’Medici verübte. Nach seiner Flucht nach Venedig (1539) veröffentlichte der Mörder eine berühmt gewordene Apologie, in der er sich als Tyrannenmörder darstellte. Die Regierung der Stadt wurde nun von Cosimo I. de’Medici (1519–1574) übernommen, unter dessen langwährender Regierung sich Florenz zur glanzvollen Hauptstadt eines absoluten Fürstentums entwickelte >L.XV.7-9.
Er war der Sohn eines draufgängerischen condottiere aus einer Nebenlinie der Medici, der unter dem Namen Giovanni dalle Bande Nere eine Reihe von militärischen Siegen errungen hatte. Cosimo verstand es zunächst auf geschickte Weise, sich die Republikaner zu Freunden zu machen. Kaum hatte er die Herrschaft in den Händen, setzte er jedoch mit äußerster Härte die Zerschlagung der republikanischen Strukturen durch. Bei der Entmachtung der Patrizierfamilien, die sich der Wiedererrichtung der Medici-Herrschaft widersetzt hatten, ging er nach einem bewährtem Prinzip vor: Sie wurden öffentlich hingerichtet oder ins Exil geschickt und enteignet. Cosimo, der die Stellung und die Macht eines principe assoluto anstrebte, brach trotz der verwandtschaftlichen Beziehungen zum französischen Königshaus mit Frankreich und stellt sich auf die Seite Karls V. und nach dessen Abdankung (1556) an die seines Sohnes Philipps II. In der spanischen Monarchie fand er einen mächtigen Alliierten für seine Pläne, die ganze Toskana unter seine Herrschaft zu bringen. Nachdem ihm 1555 die Eroberung Sienas gelungen war, erhielt er 1557 von Philipp II. die südliche Toskana als Reichslehen. Diese neue Konstellation wurde 1559 durch den Zweiten Frieden von Cateau-Cambresis bestätigt. Damit hatte Cosimo I. das wichtigste Ziel seiner Herrschaft erreicht, nämlich die Schaffung eines großen zentralen Flächenstaates, dem von nun an eine wichtige Rolle im Kräfteverhältnis der Italien dominierenden Mächte zufiel. Ein Jahrzehnt später wurde er 1569 durch Papst Pius V. zum Großherzog (Granduca) ernannt.