Julius II. „il terribile“

Ob Alexander VI. einem Giftanschlag zum Opfer fiel oder an der Malaria starb, ist ungeklärt. Nach einem sechswöchigen Zwischenspiel, dessen Protagonist Pius III., Neffe Pius' II. Piccolomini war, wurde im Oktober 1503 nach einem nur eintägigen Konklave der 62-jährige Giuliano della Rovere gewählt, der in Anspielung auf Julius Caesar den Nahmen Julius II. annahm. Als Vater von drei Töchtern blickte auch er nicht gerade auf ein unbescholtenes klerikales Leben zurück. Die Stimmen für seine Wahl erkaufte er sich auch von den spanischen Kardinälen. Nachdem er sich mit Cesare Borgia arrangiert hatte, entledigte er sich seiner sofort nach seiner Wahl, indem er ihn ins spanische Exil schickte. Julius II. übernahm von den Borgia das Ziel der Vergrößerung des Kirchenstaates durch die Eroberung der wirtschaftlich prosperierenden, politisch aber unberechenbaren kleineren Lokalherrschaften. Hierbei schaltete er jedoch den familiären Aspekt weitgehend aus, was seine moralische Position stärkte. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Politik betraf das Verhältnis zur Republik Venedig, die auf der einen Seite ein wichtiges Bollwerk gegen die Expansion der Osmanen war, andererseits selbst zunehmend auf das italienische Festland expandierte. Der dritte Faktor schließlich waren die ausländischen Invasoren, also Frankreich und Spanien, die bei ihrem Kampf um die italienischen Filetstücke auf Koalitionen mit den mächtigsten Hausherren angewiesen waren, also entweder mit dem Papst oder dem Dogen. Florenz gehörte seit der Vertreibung der Medici zum französischen Lager und hatte politisch an Bedeutung verloren. Als Frankreich 1504 die Rechte des Hauses Aragon über Neapel anerkennen musste, wurde der Süden Italiens dauerhaft spanisches Dominium. Julius II. hatte nun die Hände frei, um Venedig in seine Schranken zu weisen und um die italienische Landkarte zu bereinigen. Sein erster Feldzug im Jahr 1506 richtete sich gegen Bologna und Perugia, die mit französischer Hilfe erobert wurden und so dauerhaft dem Kirchenstaat zufielen. Der Papst selbst hatte das Kommando der päpstlichen Truppen übernommen, was seine Autorität enorm steigerte. So kam er auch nach Ferrara, Mantua und Florenz, und nachdem er sich 1505 mit einer gut ausgerüsteten Schweizer Garde und seit 1510 mit einem eidgenössischen Söldnerheer schützen konnte, nahm man ihn als militärischen Gegner auch ernst.

 

1508 schloss sich Julius II. für kurze Zeit der Liga von Cambrai an, der, angeführt von Frankreich und Kaiser Maximilian I., alle wichtien europäischen Mächte angehörten und die sich gegen das auf dem Festland expandierende Venedig richtete. In der für Venedig verheerenden Schlacht von Agnadello am 14. Mai 1509 ging fast der gesamte Besitz der Markusrepublik auf dem Festland verloren, aber die Serenissima gab sich nicht geschlagen. Mehrere Misserfolge, darunter die erfolglose Belagerung von Padua durch Kaiser Maximilian I., schwächten die Liga. In dieser Situation schloss Julius II. 1510 Frieden mit Venedig und verbündete sich mit Ferdinand II. von Aragon (1452–1516), den er unter der Bedingung mit dem Königreich Neapel belehnte, dass die neapolitanische Krone weder mit der Kaiserkrone noch mit der Herrschaft über die Toskana oder die Lombardei verbunden werden dürfte. Der Hintergrund dafür war, dass Ferdinand als Gemahl der Isabella von Kastilien in Matrimonialunion über ein riesiges Reich verfügte, auch wenn man die amerikanischen Territorien nicht dazu rechnet. 1504, nach dem Tod der Königin Isabella, hatte der Habsburger Philipp der Schöne, Sohn Kaiser Maximilians, für seine Frau Johanna von Kastilien, die erbberechtigte Tochter von Ferdinand und Isabella, die Herrschaft übernomen.

Als Philipp der Schöne 1506 starb, war Karl, der Sohn aus dieser Ehe, bereits 6 Jahre alt. Er wurde zwar erst 1516, nach dem Tod Ferdinands II., zum spanischen König proklamiert, aber diese Entwicklung war 1510 bereits voraussehbar, und damit sowohl die Personalunion zwischen Spanien und Habsburg wie auch der zukünftige Anspruch Karls auf die deutsche Kaiserkrone. 1511 schloss Julius II. mit Venedig, Spanien, der Schweizer Eidgenossenschaft und Kaiser Maximilian I. die so genannte Heilige Liga, deren Ziel die Vertreibung der Franzosen aus Mailand und Oberitalien war. Tatsächlich wurde dieses Ziel 1512 erreicht, so dass die Sforza für drei Jahre nach Mailand zurückkehren konnten. Die Truppen der Liga belagerten nun das mit Frankreich verbündete Florenz, das sich nach einer harten Belagerung ergeben musste. Es schien ein neues Gleichgewicht der Kräfte in Sicht, als Julius II. am 21. Februar 1513 starb.

zu 4. Leo X. und die „liberalitas pontificia"