Die italienischen Höfe des 15. Jahrhunderts

Das Thema dieser Lektion ist die Kunst an den kleineren Höfen, die durch herausragende künstlerische Leistungen einen substantiellen Beitrag zur künstlerischen Blüte des 15. Jahrhunderts geleistet haben. Die Höfe von Urbino, Rimini, Ferrara, Mantua, Mailand und Neapel, von denen Neapel (mit Sizilien) und Mailand die grössten und mächtigsten waren, partizipierten intensiv an der künstlerischen und geistigen Blüte der Epoche. Die Legitimationszwänge, denen die Herrscher über diese politisch meist instabilen Gebilde unterlagen, äußerten sich in einem teilweise hypertrophen Bedürfnis nach Repräsentation, das durch die Konkurrenz mit gegnerischen, alliierten oder verwandtschaftlich verbundenen Dynastien angetrieben wurde. Gerade die nicht auf dem Boden älterer Traditionen stehenden Herrschaften setzten die Architektur und die Bildkünste gezielt als Instrument der Propaganda ein und benutzten sie zur Dokumentation ihrer Macht. Die Mittel für diese künstlerischen Zeugnisse höchsten Anspruchs, die ihrer fragilen Herrschaft den Anschein der Ewigkeit geben sollten, entstammten zum großen Teil dem Kriegsgeschäft, aus dem die Montefeltro, Malatesta, Sforza und Gonzaga als Heerführer erhebliche Gewinne zogen, teilweise auch in Form von Vergrößerungen ihrer Territorien. Die Kriege der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts finanzierten auf diese Weise den zunehmenden Wohlstand der kleinen Höfe, der sich in opulentem Luxus und in den hochrangigen künstlerischen Ausgestaltungen der Residenzen niederschlug. Die instabilen politischen Verhältnisse und die infolgedessen häufig wechselnden Allianzen waren andererseits ein stets präsentes Risiko für ihren Weiterbestand. Dies war vielleicht einer der Gründe dafür, dass die auf das Wohlwollen Fortunas angewiesenen Herrscher den Konstellationen der Sterne eine so hohe Bedeutung beimaßen.

Passend zum militärischen Ruhm und gestützt auf die oft bis in die Antike zurückreichenden Wurzeln der von ihnen beherrschten Territorien, ließen sie sich gern durch Bildnisse im antiken Stil, d.h. im Medium der Bronzemedaille verewigen. Dem Rat des Humanisten Guarino da Verona folgend, verließ sich König Alfonso I. von Aragon daher nicht auf Statuen und Gemälde als Garanten des ewigen Nachruhmes, sondern ließ 1447 sein mit Inschriften versehenes Abbild als Medaille prägen. Der Künstler, der von diesem neuen Bedürfnis nach der leicht transportablen Verewigung in Erz am meisten profitierte, war der Maler Pisanello, der fast alle Dynasten seiner Epoche in handlichen Medaillen verewigt hat. Auch Leon Battista Alberti war eine omnipräsente Erscheinung und wirkte dank seiner Weltläufigkeit und seines die politischen Gegensätze überstrahlenden Ansehens als gern gesehener Berater an den kleinen Fürstenhöfen, deren künstlerische Physiognomie er entscheidend geprägt hat.

zu 1. Der Tempio Malatestiano in Rimini und Leon Battista Alberti