Dissertation Tobias Teutenberg

Tobias Teutenberg, MA
Rhythmizomenon Raum
Zur Rhythmisierung architektonischer Räume durch deutsche Kunsthistoriker des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
Promotionsvorhaben am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians Universität München.


In den Arbeiten des Leipziger Raumtheoretikers August Schmarsow kulminierte die jahrzehntelange kunsthistorische Tradition der Charakterisierung von architektonischen Räumen durch den Rhythmus-Begriff in einer bis dato ungekannten Theoretisierung. Auch Riegl, Dehio und Pinder griffen in diesem Zusammenhang auf den Terminus zurück und führten untereinander teils heftige Debatten um den neuen Leitbegriff der deutschen Kunstgeschichte um 1900. Dessen erstaunliche Konjunktur wurde zu dieser Zeit aus vielen Richtungen motiviert, vor allem aber durch die von Wilhelm Wundt und anderen Psychophysiologen vertretene Theorie einer zeitlichen Raumerfahrung, in welcher der Rhythmus als ordnendes Prinzip die sukzessiv aufgenommenen visuellen Eindrücke zu räumlichen Anschauungsbildern kombiniert.
Weniger bekannt ist der Zusammenhang, in dem der später so bedeutsame Begriff Eingang in die deutsche Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts fand. Neben Carl Schnaase war es vor allem Franz Kugler, der in seiner Geschichte der Baukunst auf den Rhythmus zur Beschreibung von Raumsituationen zurückgriff. Kuglers rhythmische Räume sind jedoch keine Produkte seiner Spekulation über kognitive Mechanismen der Sinneswahrnehmung oder einer Projektion der leiblichen Organisation des Menschen auf extrapersonale Gegebenheiten. Andere Paradigmen – vor allem Wilhelm von Humboldts organismische Sprachtheorie – stehen hinter der heute seltsam naiv oder ignorant wirkenden Wahrnehmung der Rhythmik von architektonischen Räumen, unabhängig von der Instanz eines mobilen Betrachters.
Das Dissertationsprojekt befasst sich mit dieser auf den ersten Blick widersprüchlichen Übertragung einer ästhetischen Kategorie der klassischen Zeitkünste auf das Gebiet der „Raumbildnerin“ Architektur sowie mit den daraus resultierenden Konsequenzen für die zeitnahe theoretische und praktische Arbeit vor allem am basilikalen Raum.

Kontakt: tobias.teutenberg AT gmx.de