Dissertation Anja Schürmann

Anja SCHÜRMANN, M.A.
Zur Beschreibbarkeit von Kunst. Ekphrastische Strategien der Kunstgeschichte (Arbeitstitel)
Promotionsvorhaben, Universität Düsseldorf / GK Bild-Körper-Medium, HfG Karlsruhe


Der Untersuchungsgegenstand der Dissertation beschäftigt sich mit der kunsthistorischen Beschreibung. Neben diskursanalytischen Reflexionen über die Möglichkeiten, Variablen und Formen der wissenschaftlichen Deskription wird ein historischer Abriss der kunsthistorischen Beschreibung unternommen, der mit der beginnenden Etablierung der Kunstgeschichte als universitärer Disziplin Anfang des 19. Jahrhunderts einsetzt und bis in die Jetztzeit reicht. Neben wissenschaftsgeschichtlichen Aspekten wie den Legitimierungsversuchen einer jungen Fachrichtung zu Beginn ihrer wissenschaftlichen Institutionalisierung sollen auch ideologie- sowie sprachkritische Aspekte Berücksichtigung finden. Zusätzlich wird die jeweilige Beschreibung in ihrem komplexen Referenzverhältnis zu untersuchen sein, wobei die begleitende Reproduktion des Kunstwerkes eine ähnlich große Rolle spielt wie die Publikationsart, die avisierte Leserschaft oder die Intention des Autors.
Ziel der Arbeit ist es, die kunsthistorische Deskription aus ihrem pseudoobjektiven Erkenntnisgewand zu entkleiden und ihre Anfälligkeit und Suggestivkraft hinsichtlich verschiedenster ideologischer Besetzungen zu offenbaren sowie erstmals ein systematisches Gerüst von unterschiedlichen Beschreibungsformen zu erstellen, welche funktional und typologisch von anderen kunsthistorischen Methoden wie der Interpretation oder der ikonologischen Einordnung abzugrenzen sind. Somit wird die Deskription im Spannungsfeld ihrer Funktionen als genaues Beobachtungsprotokoll auf der einen und als Ordnungselement auf der anderen Seite im Mittelpunkt dieser Untersuchung zur sprachlichen Verfasstheit von Kunst stehen. Die zu behandelnden Beschreibungen der Kunsthistoriker werden in einem ‚Close-reading’-Verfahren sprachwissenschaftlich analysiert, um die Spezifika der Deskription zu eruieren und analoge Schlüsse im Verhältnis der Beschreibungen zueinander und zur illustrierenden Abbildung zuzulassen. Darüber hinaus gewährleistet dieses Verfahren, die strukturelle Besonderheit einer Ekphrasis aufzuzeigen und ihre Verwobenheit mit anderen Bereichen des verbalen Bildzugriffs, wie der Interpretation, zu untersuchen. So lassen sich möglicherweise gewisse Beschreibungstypen identifizieren, die einen ähnlichen Aufbau, ein ähnliches Vokabular oder eine ähnliche Zielsetzung besitzen, sei es, dass sie einen eher hermeneutischen oder vergleichenden und komparativen Zugriff zur Kunst zeigen.
Im Gegensatz zu anderen geisteswissenschaftlichen Disziplinen wie der Philosophie und der Germanistik hat die Kunstgeschichte einem Methodenstreit keine Sprachkritik folgen lassen. Eine Untersuchung der kunsthistorischen Ekphrasis ist unumgänglich, will man die Mechanismen der Kanonisierung und Institutionalisierung verstehen, die eine junge Wissenschaft als thematische und verbale Ab- und Eingrenzung benötigt. Ferner ist die Ekphrasis ein wichtiger Zeuge des Rezeptionsverhaltens und damit ein Gradmesser für das verbalisierte historische Verständnis für Kunst und dessen Popularisierung, denn gerade in der Beschreibung treffen zwei polare Erkenntnisinteressen aufeinander: Das diltheysche ‚Verstehen’ und das – genuin den Naturwissenschaften aneignende – ‚Erklären’ von Kunst.

Kontakt: aschuermann AT hfg-karlsruhe.de