Buchprojekte

Elke SCHULZE:
Disegno & Lupullus. Heinrich Wölfflin und das Zeichnen

Heinrich Wölfflin, ein über Fachgrenzen hinaus anregender Kunsthistoriker ("Kunstgeschichtliche Grundbegriffe"), steht eher abseits des aktuellen Interesses. Insbesondere seine von Zeitgenossen bezeugte Hinwendung zur Zeichnung und zur zeichnerischen Praxis ist bislang weitgehend unbeachtet geblieben. Der Beitrag stellt anhand einer Auswahl noch unpublizierter Zeichnungen aus dem Nachlaß Wölfflins diesen Komplex vor. Dabei wird kein monografischer Ansatz verfolgt, sondern vielmehr exemplarische Analysen geliefert, die Wölfflins eigene zeichnerische Erfahrungen mit seinen Reflexionen über die schöpferischen Potenzen der Zeichnung und ihre medialen Eigenheiten zusammenbringen. In diesem Kontext kann zudem sein Engagement für eine Reform der kunsthistorischen Lehre gewürdigt werden. Wölfflin faßte die Zeichnung als Medium bildnerischen Denkens, somit steht die Auseinandersetzung mit ihr im Zentrum seiner intellektuellen Biographie.
Der Text führt Fragestellungen weiter, die in bereits publizierten Arbeiten der Autorin ausgeführt worden waren: vgl. Nulla dies sine linea. Universitärer Zeichenunterricht - eine problemgeschichtliche Studie, Stuttgart 2004, "Einführung in die Kunst des Zeichnens zum Zweck des bewussten Sehens". Das Lektorat akademisches Zeichnen an der Friedrich-Wilhelms-Universität, in: Jahrbuch für Universitätsgeschichte 5 (2002), S. 51-68.

Kontakt: Humboldt-Universität zu Berlin + Philosophische Fakultät III + Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften + Seminar für künstlerisch-ästhetische Praxis + >Menzel-Dach< + Dr. Elke Schulze +Unter den Linden 6 + 100 99 Berlin + Tel.: 030 / 20 93 42 96 + Fax.: 030 / 20 93 27 26 +
E-Mail: elke.schulze AT culture.hu-berlin.de

Toni BERNHART:
Geschichte, Struktur und Diffundierung der Berliner „Vereinigung für Ästhetische Forschung" (1908-1914)

Die „Vereinigung für ästhetische Forschung" wurde 1908 von Max Dessoir (1867-1947) gegründet. Sie agierte zunächst als lokaler Berliner Zirkel – innerhalb weniger Jahre entwickelte sie sich jedoch zu einem internationalen Netzwerk. Höhepunkt ihrer Tätigkeit war der „Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft", der 1913 in Berlin stattfand. Der Erste Weltkrieg setzte der Vereinigung ein jähes Ende. Erst 1923 nahm sie, nun unter dem Namen „Gesellschaft für ästhetische Forschung", ihre Tätigkeit wieder auf.
Kennzeichnend für die „Vereinigung für ästhetische Forschung" ist ihre interdisziplinäre Ausrichtung: „Die Vereinigung für ästhetische Forschung verfolgt den Zweck, durch Vorträge und mündlichen Gedankenaustausch zwischen Vertretern philosophischer, historischer, ethnologischer und naturwissenschaftlicher Kunstforschung sowie theoretisch interessierten Künstlern die Anschauungen über Wesen und Aufgaben der Kunst und der einzelnen Künste zu vereinheitlichen und zu vertiefen" (Satzung, § 1, in Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, 4, 1909, S. 268). Den programmatischen Hintergrund bildet die Theorie der Allgemeinen Kunstwissenschaft, die Max Dessoir in seinen Schriften und in der von ihm 1906 begründeten „Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft" propagiert.
Geschichte, Struktur, Wirkung und Rezeption der „Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft" (ab 1906), der „Vereinigung für ästhetische Forschung" (1908-1914), der „Gesellschaft für Ästhetische Forschung" (1923-1955) sowie der Kongresse für Ästhetik in Berlin (1913, 1924), Halle (1923), Hamburg (1930 unter dem Vorsitz von Ernst Cassirer) und Paris (1937 unter dem Vorsitz von Victor Basch) sind bis heute nicht systematisch erforscht. Das Projekt, das als Artikel-Reihe geplant ist, strebt eine quellenbasierte Darstellung dieser Bewegungen an, deren Hauptakteur Max Dessoir ist und deren Angelpunkt die „Vereinigung für ästhetische Forschung" bildet.

Kontakt: Dr. Toni Bernhart, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für deutsche Literatur, E-Mail: bernhart AT bernhart.eu

Fatma YALÇIN:
Kunst am Hofe Ludwig XIV. im Spiegel erläuternder Publikationen 1660 – 1715

Gegenstand des Projekts sind jene zahlreichen gedruckten Beschreibungen, Erklärungen, Kritiken, Berichte, Lobgedichte und Traktate, die im ausgehenden 17. Jahrhundert in Paris während der Regierungszeit Ludwig XIV. (1660 bis 1715) publiziert wurden und sich mit der Versailler Hofkunst befassen. Diese Texte unterscheiden sich in Umfang, Ausführlichkeit und literarischer Form und sprechen ein breites Publikum an, jedoch stets mit dem Ziel, die Kunstwerke zu beschreiben und zu erklären, vor allem aber verbreiten sie die offizielle Lesart allegorischer Repräsentationskunst. Allein in der Regierungszeit Ludwigs XIV. entstanden mehr als 130 Beschreibungen und Erklärungen – die Zahl verdoppelt sich, zieht man die bisher nicht erfassten Zeitungsartikel heran –, von denen höchstens ein Fünftel in der kunsthistorischen Literatur erwähnt und noch weit weniger – meist aus zweiter oder dritter Hand – zitiert werden. Entstehungsumstände und Autorenschaft bleiben meist gänzlich unbeachtet. Eine erstmalige ausführliche und übergreifende Analyse der zahlreich überlieferten Kunsterklärungen verspricht wichtige Erkenntnisse zu verschiedenen kunsthistorischen Problemen: Es ergeben sich Aufschlüsse zu einzelnen Kunstwerken, Umwertungen kunsthistorischer Forschungsmeinungen und Indizien, die zur Relativierung bestimmter kunsthistorischer Interpretationsmuster führen.
Eine bisher kaum beachtete Quellengattung höchster Relevanz – sie dokumentiert das Kunstverständnis der Zeitgenossen – wird der Kunstgeschichte erschlossen.

Kontakt: Freie Universität Berlin, Kunsthistorisches Institut, Koserstraße 20, 14195 Berlin, Tel.: 030 / 838 53324, E-Mail: fatma.yalcin AT berlin.de