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Trotz aller Bemühungen fühlte sich Gothein in den ersten Jahren in Heidelberg nicht wohl. Die Haushaltung belastete sie. Im März 1906 schrieb ihr Mann an sie: „Ich habe eben auch entdeckt, was uns fehlt in Heidelberg: das Lachen.“

Gothein bemühte sich um neue Freundschaften, ein erster Anknüpfungspunkt war wohl Else Jaffé. Viel später, 1931, schreibt Gothein darüber, wie viel sie der geborenen Freiin von Richthofen in ihrem Leben zu verdanken habe.

Eine Opponentin Gotheins war Marianne Weber. In Briefen beider Frauen lässt sich eine gewisse gegenseitige Antipathie, bisweilen auch Neid entdecken. Marianne Weber engagierte sich im Gegensatz zu Gothein zeitlebens praktisch und theoretisch für die Sache der Frauen. Gothein vertrat in der Heidelberger Zeit eher eine ästhetische Weltanschauung und lehnte politisches Engagement ab. Sie strahlte eine geistige Unabhängigkeit aus, die auf ihre Zeitgenossen kühl-distanziert wirkte.

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Photographie: Porträt Marie Luise Gotheins, Kniestück, um 1910
Privatbesitz

II. „Hinaus in die Zukunft leben“ – von Preußen nach Heidelberg