Rezension

Editorial

Die Ankündigung Emmanuel Macrons, afrikanisches Kulturerbe zurückzugeben und der nächste Schritt: die Einsetzung einer Kommission unter der Leitung von Bénédicte Savoy (Berlin, Deutschland) und Felwine Sarr (Saint-Louis, Senegal) werden einen Erdrutsch in Sachen Restitution nach sich ziehen. "Alle Argumente gegen Restitution werden in sich zusammenfallen", erklärt Savoy in einem gemeinsam mit Sarr gegebenen Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 10. April 2018. Letzterer forderte dezidiert, dass es nicht darum gehen könne, an die Restitution Bedingungen zu knüpfen. Auf die Frage, ob so etwas in Deutschland möglich sei, formulieren Sarr und Savoy elegant eine Kritik an den Versäumnissen in Deutschland und seiner Provinzialität. In Frankreich würde jedes Kind wissen, dass ein Museum von voll "zusammengeraffte[n] Dinge[n]" sei. "Kein Mensch käme hier auf die Idee, dass Museen 'sauber' sind. In Deutschland glaubt man das." (Savoy). Dies ist ein indirekter Appell an die Politik, etwas für die hierzulande immer noch vernachlässigte und chronisch unterfinanzierte Provenienzforschung zu tun und sich endlich auch in weitaus öffentlicherem Maße mit der Kolonialgeschichte insbesondere der archäologischen und ethnologischen Museen auseinanderzusetzen - mit allen Konsequenzen. Der vom Humboldt-Forum angekündigte "internationale Ideenaustausch" wird nicht reichen. Der sicher in Realität sehr schwierig umzusetzende Vorschlag, Objekte zum Gemeingut zu erklären, die weltweit zirkulieren können (was allerdings dann nicht nur für afrikanisches Kulturgut gelten dürfte), könne nicht, so Sarr, den ersten Schritt, d.h. die Rückgabe überspringen. Diese Debatte ist auf dem Papier schnell geführt. Was das alles konkret heißt, wird die sicher so schwierige wie komplexe und umstrittene Aufgabe der beiden Kommissionsleiter_innen sein. In einigen Monaten werden wir und vor allem Savoy und Sarr darüber mehr wissen. Wir wünschen viel Glück für diese so geschichtsträchtige Mission und hoffen auf die Modellhaftigkeit für Folgeverhandlungen mit anderen Ländern.

Die Herausgeber_innen


zur Ausgabe KUNSTFORM 19 (2018), Nr. 5

Empfohlene Zitierweise:

Almuth Klein: Rezension von: Étienne Hamon / Françoise Gatouillat: Saint-Étienne du Mont. Un chef-d'œuvre parisien de la Renaissance, Paris: Picard 2016
in: KUNSTFORM 19 (2018), Nr. 5,

Rezension von:

Almuth Klein
Accademia di architettura, Università della Svizzera italiana, Mendrisio

Redaktionelle Betreuung:

Kristina Deutsch