Rezension

Erin Griffey : On Display. Henrietta Maria and the Materials of Magnificence at the Stuart Court, New Haven / London: Yale University Press 2015, ISBN 978-0-300-21400-0, 40.00 GBP
Buchcover von On Display
rezensiert von Michaela Braesel, Institut für Kunstgeschichte, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Erin Griffey beschäftigt sich in der reich bebilderten Publikation mit einer der interessantesten englischen Königinnen - mit Henrietta Maria, Gemahlin Karls I. -, wobei sie auf grundlegende Veröffentlichungen, gerade in Hinblick auf die Inventare, von Caroline Hibbard zurückgreifen kann. Henrietta Maria hatte als Tochter Heinrichs IV. und der Maria de' Medici, als Schwester des amtierenden französischen Königs Ludwigs XIII. eine Herkunft, die mit Macht und Geld verbunden war. Hegten das französische Königshaus und die katholische Kirche in Hinblick auf eine Stärkung des Katholizismus und England große Hoffnungen auf sie, so hatte sie jedoch gerade als Katholikin im protestantischen England eine zunächst eher kritische Position, zumal sie ihren Glauben weiterhin praktizierte und in ihrem Gefolge katholische Priester nach England brachte. Griffey verarbeitet in diesem Buch die Ergebnisse der früheren von ihr betreuten und edierten Publikation "Henrietta Maria: Piety, Politics and Patronage" von 2008 und setzt die Erforschung dieser Königin fort, die, wie sie auch in der Einleitung darlegt, von der Forschung vernachlässigt wurde. Sie verweist auch darauf, dass der Zugang zu dieser historischen Person lange durch historische Vorurteile beeinträchtigt und verstellt war.

Erin Griffey analysiert in ihrem chronologisch gegliederten Werk die Medien der Repräsentation Henrietta Marias, wobei sie sich auf erhaltene Rechnungen und verschiedene Inventare beziehen kann. Ihr Ziel ist es zu zeigen, dass auch die Gemahlin eines Königs eigene Vorstellungen von Kunstpatronage besaß und die Inszenierung ihres öffentlichen Erscheinungsbild übersah, so z.B. bei ihren von Inigo Jones entworfenen Kostümen für die "court masques". Im Falle Henrietta Marias waren diese Aufträge immer auch mit ihrer familiären Herkunft, ihrem Status am englischen Hof und ihrem Glauben verbunden. So kann Griffey darlegen, dass Henrietta Maria auch in England französische Moden, sowohl in der Raumausstattung als in der Kleidung fortführte und entsprechende Aufträge an englische Kunsthandwerker vergab bzw. besonders in Hinblick auf die Kleidung auch an Schneider und Sticker, die sie in ihrem Gefolge nach England begleitet hatten. Mit großem Engagement widmete sie sich ihren eigenen Residenzen, besonders Somerset House, wo auch eine katholische Kapelle eingerichtet wurde. Griffey zeigt weiterhin anhand der Dokumente, dass gerade in Zusammenhang mit den Schwangerschaften der Königin ein besonderer Aufwand verbunden war, Neuausstattungen oder Umdekorationen der Schlafräume erfolgten und neue Kleidung in Auftrag gegeben wurden. Dabei weist sie durch den Vergleich mit Inventaren der vorangehenden Königin Anna von Dänemark nach, dass auch bestehende Ausstattungselemente übernommen, verwendet, verändert oder verwahrt wurden. Es geht hierbei, so Griffey, darum, eine Ausgewogenheit von eigenem Statement und dem Anschluss an Traditionen zu finden, von eigener Persönlichkeit und königlicher Familienfolge, wobei im Falle Henrietta Marias es immer um die zweifache Traditionslinie geht - um die Bourbonen und die Stuarts.

Griffey verfolgt die Genese der Ausstattungen, Bauvorhaben und weiterer verschiedener Aspekte der Kunstpatronage, gerade auch in Hinblick auf die Aufträge an Maler wie Anthony van Dyck. Sorgfältig differenziert sie zwischen Auftragsvergabe und Bezahlung. So kann sie in vielen Fällen nachweisen, dass der Auftrag von Henrietta Maria stammte, also auf ihrer Initiative beruhte, die Bezahlung dann aber durchaus über Karl I. erfolgen konnte.

Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stehen, so auch der Untertitel, die "materials of magnificence". Textilien nehmen hierbei eine bedeutende Rolle ein - Stoffe für die Kleider, die Betten, andere Möbel und die Tapisserien. Diese und andere Luxusobjekte betonten die Stellung der Königin durch ihre Seltenheit, ihre hohe Qualität oder aber ihre schiere Anzahl. Stühle und Betten vermittelten darüber hinaus Autorität und Rang. Die Bestellung dieser Objekte an sich, ihre Verwendung in den Palästen und im höfischen Zeremoniell sowie ihre Wiedergabe in Porträts dienten als Vermittlung der königlichen Präsenz. Griffey vergleicht den Aufwand mit Informationen über andere Königinnen bzw. misst die Ausstattungen an zeitgenössischen Decorums-Vorgaben und dem Hofzeremoniell, um ihren spezifischen Beitrag zu verorten.

Besonderes Interesse besitzen die Untersuchungen Griffeys nicht nur durch die Wahl von Henrietta Marias als Exempel, sondern auch durch das Hinzuziehen des Inventars ihres französischen Trousseaus - ihrer prachtvollen und reichen Brautausstattung - sowie die Berücksichtigung ihrer Aufträge nach ihrer durch die politische Lage in England bedingten Rückkehr nach Frankreich und ihre erneute Präsenz in England nach der Restauration. Hier ging es darum, die Rolle ihres Sohnes Karl II. als englischer König zu festigen, die Kontinuität der herrscherlichen Linie zu präsentieren. Diese Erweiterung jenseits der bisher im Mittelpunkt stehenden Forschung, die sich Henrietta Marias Zeit als Gemahlin Karls I. - also bis zu dessen Tod 1649 - widmete, ermöglicht es, den jeweiligen Kontext der Repräsentation anhand der Materialien und des repräsentativen Aufwands zu verfolgen - Tochter, Gemahlin und Mutter eines jeweiligen Königs. Erin Griffey dehnt dieses sogar auf die Trauerfeierlichkeiten und das Erbe an ihre Tochter Henrietta Anna aus, die mit dem Bruder Ludwig XIV. verheiratet war. So dokumentiert Henrietta Marias Braut-Trousseau die Ambitionen und die Ansprüche Ludwigs XIII., der Nachlass wiederum diejenigen der Stuart-Dynastie.

Die Zeit in England gliedert Griffey in drei Abschnitte, dessen erster Henrietta Marias Herkunft und die Heirat nach England umfasst. Der zweite Abschnitt betrifft die späten 1620er-Jahre und beschäftigt sich mit ihrer Ankunft am englischen Hof und ihrer Einrichtung an diesem, das Bestreben, französische Wurzeln und englische Erwartungen zu verbinden. Der dritte Abschnitt ist den 1630er-Jahren gewidmet und zeigt Henrietta Marias wachsende Nähe zu ihrem Mann nach dem Tod des Herzogs von Buckingham und ihren Status am Hof nach der Sicherung der Thronfolge durch erfolgreiche Schwangerschaften.

Griffeys detaillierte und systematische Darstellung schließt mit einem Anhang, der Auszüge aus dem Trousseau von 1625 und den Inventaren von 1665 und 1669 enthält sowie ein Glossar für häufig verwendete Begriffe aus den Inventaren umfasst.

Das Buch überzeugt durch die Vielzahl an Informationen, die chronologisch gegliedert, immer mit bestimmten Stationen im Leben Henrietta Marias verbunden werden. Es wird dadurch stets deutlich gemacht, dass Repräsentation an bestimmte äußere Bedingungen gebunden war. Griffeys Verdienst ist es nicht nur, genau aufzuzeigen, dass eine nicht regierende Königin durchaus unabhängig von ihrem Ehemann eine umfassende, ihren eigenen Wünschen und Repräsentationsanliegen entsprechende Kunstpatronage betreiben konnte, dass die alleinige Inszenierung nicht beim König liegen muss. Durch die kluge Wahl der Henrietta Maria kann Griffey aufzeigen, welcher Reichtum an Aspekten die Patronage und das "self fashioning" bestimmen konnten. Durch das Beispiel Henrietta Marias wird das Bild weiblicher Kunstpatronage im höfischen Kontext komplexer und komplizierter, aber auch besonders spannend und vielfältig erfassbar.


Michaela Braesel

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Michaela Braesel: Rezension von: Erin Griffey : On Display. Henrietta Maria and the Materials of Magnificence at the Stuart Court, New Haven / London: Yale University Press 2015
in: KUNSTFORM 17 (2016), Nr. 9,

Rezension von:

Michaela Braesel
Institut für Kunstgeschichte, Ludwig-Maximilians-Universität, München

Redaktionelle Betreuung:

Ekaterini Kepetzis