Rezension
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, Ihnen mit der vorliegenden Ausgabe von KUNSTFORM das erste in einer Reihe geplanter 'Themenhefte' zu ausgewählten Gebieten der Kunstgeschichte zu präsentieren. Besprochen werden in dieser Ausgabe ausschließlich Veröffentlichungen zur niederländischen Kunst des 15. bis 17. Jahrhunderts. Die regen Forschungsaktivitäten, die in diesem Bereich auf internationaler Ebene stattfinden, spiegeln sich eindrucksvoll in einer Fülle unterschiedlichster Publikationen der jüngsten Zeit wider. Hierzu zählen zahlreiche Monographien, Einzeluntersuchungen, Ausstellungs- und Bestandskataloge, Sammelbände und Lexika. Ohne Vollständigkeit anstreben zu können, hoffen wir doch, mit den in dieser Ausgabe vorgestellten Titeln, einen Eindruck von der Vielfalt aktueller Forschungstendenzen zur niederländischen Kunst vermitteln zu können und gleichzeitig den Zugriff auf Informationen zu diesem spannenden Zweig der Kunstgeschichte durch die Zusammenfassung der entsprechenden Rezensionen in einem 'Themenheft' zu erleichtern.
Schon immer nahm die Erforschung von Leben und Werk einzelner, herausragender Künstlerpersönlichkeiten einen wichtigen Platz in der kunsthistorischen Forschung ein. Die Publikationen von Gerlinde de Beer zu Ludolf Backhuysen, von Hans Ost sowie Herbert Wilhelm Rott zu Rubens, von Felix Thürlemann zu Robert Campin und Dennis P. Weller zu Jan Miense Molenaer zeigen, dass auch für die niederländische Kunst nach wie vor Bedarf an entsprechenden Untersuchungen besteht und selbst zum Werk von Großmeistern wie Rubens noch längst nicht alle Fragen gelöst sind. Ebenso bedeutsam für die Auseinandersetzung mit der Kunst der Niederlande ist die kritische Erfassung von Museumsbeständen und Sammlungen, wie sie beispielsweise Konrad Rengers Katalog der flämischen Gemälde der Alten Pinakothek München bietet.
Neben der Konzentration auf einzelne Künstler, Werkbestände oder ikonographische Themen diskutiert die aktuelle Forschung verstärkt Fragen zu Theorie, Entwicklung und Funktion der Bildgattungen. Mit der Gattung Porträt, ihren Formen und Funktionen im 17. und 18. Jahrhundert befasst sich der Amsterdamer Ausstellungskatalog "Kopstukken. Amsterdammers geportretteerd, 1600-1800". Barbara Gaehtgens' Band zur Genremalerei ist demgegenüber theoretischer ausgerichtet: Es werden Quellen ediert und kommentiert, die Bezug auf Form, Inhalt, Aufgabenstellung und Grenzen der Gattung Genre nehmen. Das ebenfalls in der vorliegenden Ausgabe rezensierte Lexikon von Fred G. Meijer und Adriaan van der Willigen schließlich verzeichnet holländische und flämische Stilllebenmaler.
Weitere Forschungsschwerpunkte der letzten Jahre liegen insbesondere auf der Untersuchung von Kunstliteratur und -theorie sowie Kunstmarkt und Sammeltätigkeit in den Niederlanden. Dem ersten Gebiet widmen sich Achim Stannecks "Studien zur Darstellung der Produktionsstrukturen niederländischer Malerei im Schilder-Boeck von Karel van Mander". Mit Sammelwesen und Hofkunst unter Margarete von Österreich beschäftigt sich Dagmar Eichbergers Buch "Leben mit Kunst - Wirken durch Kunst".
Gegenstand der besprochenen Bücher ist nicht allein die Malerei, auch Zeichnung und Druckgraphik spielen mehrfach eine Rolle. Dass vor allem die Erforschung der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten und Produktionsbedingungen des lange vernachlässigten Mediums der Druckgraphik in jüngerer Zeit eine enorme Konjunktur erlebte, verdeutlicht der 52. Band des 'Nederlands Kunsthistorisch Jaarboek' mit dem Titel "Prentwerk: 1500-1700".
Für die Rezensionen dieses ersten 'Themenheftes' konnten Fachleute aus dem In- und Ausland gewonnen werden, deren Beiträge in deutscher und englischer Sprache erscheinen. Ihnen sei an dieser Stelle noch einmal herzlich für ihr Engagement gedankt! Unser Dank gilt außerdem dem KUNSTFORM/sehepunkte-Team für die technische Umsetzung dieser Ausgabe und natürlich nicht zuletzt Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für Ihr Interesse!
Dagmar Hirschfelder
zur Ausgabe KUNSTFORM 4 (2003), Nr. 10