Rezension

Brigitte Corley: Conrad von Soest. Maler unter fürstlichen Kaufherren, Berlin: Gebr. Mann Verlag 2000,
Buchcover von Conrad von Soest
rezensiert von Markus Paulußen, Universität Bielefeld

Conrad von Soest, um 1370 in Dortmund geboren und nach 1422 dort gestorben, gilt als Hauptmeister der westfälischen Malerei des Weichen Stils. Die Familie stammte vermutlich aus Soest. Für die dortige Nikolaikirche malte er eines seiner frühen, erhaltenen Werke, eine Nikolaustafel. Gegen 1400 kam er in direkte Berührung mit der franko-flämischen Kunst. Als einer der größten Koloristen seiner Zeit verkörperte Conrad von Soest in der deutschen Malerei am reinsten den sogenannten Weichen Stil der ausklingenden Gotik und spielte bei der Einführung und Verbreitung des Internationalen Höfischen Stils um 1440 in Norddeutschland eine zentrale Rolle. Keiner seiner Zeitgenossen hatte eine solche Wirkung auf die deutsche Malerei des 15. Jahrhunderts.

Brigitte Corleys 1996 in London erschienene umfassende Monographie über Conrad liegt nun endlich in deutscher übersetzung unter dem Titel "Conrad von Soest. Maler unter fürstlichen Kaufherren" vor. Der Gebrüder Mann Verlag veröffentlichte die umfangreich bebilderte Untersuchung im Jahr 2000. Die Autorin distanziert sich darin bewusst von der bisherigen Forschung, die sich entweder mit physiognomischen und psychologischen Eigenschaften von Conrads Kunst auseinandersetzte, oder aber seine Malerei als typisches Ergebnis eines provinziellen Werdegangs beschrieb. Deshalb war es zunächst ein richtiger Ansatz, mit einer zusammenhängenden Untersuchung ein neues Licht auf das Werk dieses weitgehend unterschätzten Malers zu werfen.

Im ersten Teil der Abhandlung beschreibt Corley die Rahmenbedingungen von Conrads Kunstschaffen. Dabei werden seine Dortmunder Bürgerschaft und die Rolle seiner Werkstatt sowie der Auftraggeber beleuchtet. Die Analyse der Produktionsmethoden und stilistische überlegungen führt zu einer genaueren Differenzierung von eigenhändigen Arbeiten und Werkstattverbindungen. Corley kann sich hier auf den Fortschritt in den Untersuchungstechniken stützen, wobei Unterzeichnungen mittels Infrarotphotographie und Reflektographie Aufschluss über Zuschreibungen liefern. Dass dadurch kaum noch eindeutig zugeschriebene Werke übrig bleiben (außer die signierten Altäre und die Tafeln mit der Darstellung der Hl. Dorothea und der Hl. Odilia) mag zunächst irritieren, ist aber der konsequenten Anwendung der neueren Methoden geschuldet, obwohl gewisse Vorbehalte und Grenzen durchaus in Betracht gezogen werden sollten. In der Analyse des ikonographischen Programms der signierten Werke arbeitet die Autorin präzise Bildmotive und deren Bedeutungen heraus, wobei Corley dort allzu spekulativ wird, wo sie dem Maler tiefe persönliche Frömmigkeit unterstellt und die "zarte Menschlichkeit seiner Erzählweise" als Kriterium für den "freudigen Glanz" seiner Malerei sieht. Sprachlich bleibt die Autorin bedauerlicherweise oft hinter ihren eigenen Ansprüchen nach einer Neubewertung des Werkes Conrads von Soest zurück. Hier würde ihre Untersuchung an manchen Stellen glaubwürdiger wirken, hätte sie nicht auf "abgegriffene" Formulierungen und Metaphern zurück gegriffen. In den Abschnitten über "Das westfälische Erbe" und die "Einflüsse von Auswärts" zeigt sie dagegen sehr eindrücklich einen Künstler, der zwischen örtlicher Gebundenheit und überregionaler Bedeutung neu zu bewerten ist. Auf der einen Seite habe sich Conrad "doch weitgehend den westfälischen malerischen Traditionen gebeugt", auf der anderen weist Corley ausdrücklich auf den Einfluss seines Aufenthaltes in Paris und den der Werkstatt des Parament-Meisters hin.

Von seiner nachhaltigen Wirkung auf andere Künstler handelt der Abschnitt "Das Vermächtnis des Conrad von Soest". Conrads zentrale Rolle in der Entwicklung der nordeuropäischen Kunst wird präzise herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang ist auch die genaue Beschreibung der Werke hervorzuheben, die im Katalogteil systematisch und vorbildlich aufgeführt werden. Die Autorin verschafft hier mit den bekannten und zugeschriebenen Werken Conrads von Soest und der Fülle von belegendem Vergleichsmaterial eine gute übersicht über dessen Werk.

Der Band ist reich bebildert, wobei die Farbabbildungen zum größten Teil von dürftiger Qualität sind. Hier erwartet der Leser eine den heutigen technischen Möglichkeiten angemessene Ausstattung, die diese Monographie in keiner Weise bietet. Dennoch wird sich die weitere Literatur über Conrad an dieser Untersuchung zu orientieren haben.


Markus Paulußen

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Empfohlene Zitierweise:

Markus Paulußen: Rezension von: Brigitte Corley: Conrad von Soest. Maler unter fürstlichen Kaufherren, Berlin: Gebr. Mann Verlag 2000
in: KUNSTFORM 2 (2001), Nr. 4,

Rezension von:

Markus Paulußen
Universität Bielefeld

Redaktionelle Betreuung:

Hubertus Kohle