Weltmörder-WM

Im Dresdner Leitwolfverlag, begründet von den Dresdner Künstler*innen Andreas Hegewald, Petra Kasten und Lutz Fleischer, erschienen seit 1983 Künstlerbücher. Ursprünglich als künstlerischer ›kollektiver Zeitvertreib‹ begonnen, entwickelte sich schließlich die Idee, die Ergebnisse in eine Buchform zu bringen. Dabei ging es nicht zwangsläufig um Rebellion oder das Verfolgen politischer Ziele, vielmehr war es, wie bei vielen anderen Herausgeberprojekten auch, zuvorderst der dringliche Wunsch nach unabhängiger künstlerischer Arbeit: Die »Existenz [des Verlages] richtete sich einfach gegen eine autoritäre und fremdbestimmte Kunst- und Lebenswelt. Die Idee […] war nicht nur eine Provokation der gängigen Verlagspraxis, sie basierte vielmehr auf der völligen Ignoranz derselbigen.« (Heimliche Leser, S. 76) 

Die Vervielfältigung von Bild und Wort erfolgte im Siebdruck, der mit einfachen Mitteln relativ unkompliziert die Herstellung einer Auflage ermöglichte, besonders da Petra Kasten und Andreas Hegewald als Student*innen der HfBK Dresden mit der Technik vertraut waren und Zugang zu den Werkstätten der Hochschule hatten. Bis 1989 erschienen in dem Dresdner Verlag elf Künstlerbücher im stets gleichen Format.  

Auch die ›Weltmörder-WM‹ ist wie schon das erste Heft ›Leitwolf‹ annähernd Din-A5 groß. In einen braunen Einbanddeckel mit Fadenheftung gebunden, enthält es Texte und Zeichnungen, die jeweils zu einer Doppelseite zusammengestellt wurden. Auf der zweiten und auf der vorletzten Seite ergänzen Stempel die Publikation: Vorn ist die bibliografische Angabe »ERSTAUSGABE Dresden Leitwolfverlag« sowie der Hinweis »Nachdruck Vertonung Verfilmung ungesetzlich!« zu lesen, hinten die bürokratisch und dadurch unpassend-spöttisch wirkende Angabe »Der Patient wurde in angemessenem Umfang über sein Grundleiden aufgeklärt.« Die Verwendung von offiziellen (oder offiziell wirkenden) Stempeln wurde zu einer Vorliebe des Leitwolfverlages. Ihr Einsatz entbehrt nicht selten einer gewissen Komik und führt gleichzeitig auch die Absurdität der Bürokratie lustvoll vor.

Bibliografische Angaben

Leitwolfverlag, Dresden 1985
Auflage: 150 Exemplare
Künstler*innen: Lutz Fleischer, Andreas Hegewald, Petra Kasten
Literatur: Henkel/Russ, B.174, Zellinnendruck, Galerie gallus
Exemplar der SLUB: nicht nummeriert, vor dem Titelblatt von den Künstler*innen signiert | Signatur 1.G.8.73, 1990 erworben von Petra Kasten | Katalogeintrag