Giorgio Vasari

Vasari verwendet die Begriffe rinascere, rinascita, rinascenza, rinascente, die für ihn eine mehr oder weniger identische Bedeutung haben. Ausserdem spricht er von rinovazione und risuscitare und von der restaurazione o per dire meglio rinascità . An welchem Topos von Wiederherstellung er sich orientierte, läßt sich seiner Formulierung über die griechischen Maler entnehmen, die seiner Meinung nach in Florenz gearbeitet hatten, bevor Cimabue seine Tätigkeit begann. Cimabue – so Vasari — machte seiner Vaterstadt Ehre, da er den plumpen Stil der „griechischen Maler“ überwand. Gemeint sind damit die Mosaizisten, welche die Kuppel des Baptisteriums in einem von der byzantinischen Kunst beeinflussten Stil mosaiziert hatten. Vasari erläutert, dass diese Maler nicht im „guten alten griechischen Stil“ (buona maniera greca antica) gearbeitet hätten, sondern in „jenem neueren plumpen und ungeschlachten Stil“ (quella goffa moderna). Erwin Panofsky hat in „Renaissance and Renascences in Western Art“ herausgearbeitet, was Vasari in seinem Rückblick auf die damals schon mehr als 250 Jahre zurückliegenden Vorgänge gemeint hat und wie die negativ besetzte Vorstellung von moderno im Laufe der künstlerischen Entwicklung, die Vasaris Thema war, zu einem positiv besetzten Begriff werden konnte. Diese Ambiguität im Gebrauch der Worte moderno und antico steht im deutlichen Kontrast zur stilgeschichtlichen Festschreibung des 20. Jahrhunderts. Zwang das „Ende der Moderne" — verstanden als einer Epoche — im späten 20. Jahrhundert zur Erfindung des Terminus Postmoderne, so hatte Vasari einen grösseren Ermessungsspielraum für sein Verständnis von Moderne. Solange er aus der historischen Perspektive — also für die Zeit vor Cimabue — spricht, ist das Wort negativ besetzt.

Zugleich ist moderno für ihn aber auch ein Qualitätsbegriff für die Errungenschaften der Künstler, deren Lebensbeschreibungen (Vite) er als Bausteine eines geschichtlichen Prozesses begreift, der ein entschiedenes und auch bereits erreichtes Ziel hat – nämlich die buona maniera moderna. Rückblickend — die erste Edition seiner Viten erschien 1550 — teilte Vasari den von ihm überblickten Zeitraum in drei Epochen ein. Er nennt sie die tre età oder auch die tre maniere. Das Neue an Vasaris Vorstellung (concetto) ist nicht die Idee der aus der Antike übernommenen Periodisierung, sondern die Umkehrung ihres Verlaufs. Das Modell des allmählichen Verfalls (goldenes, silbernes, bronzenes und eisernes Zeitalter) wird durch diese christlich konnotierte Umkehrung zu einem Modell des Fortschritts. An die Stelle des allmählichen Niedergangs setzt Vasari ein aus der Theologie vertrautes Schema: ante legem, sub lege, sub gratia. Wie Huizinga ausführt, wurzelt der Wiedergeburtsgedanke im Neuen Testament: in der „Vulgata” werden die Begriffe regeneratio, nova vita, reformari benutzt. Das „barbarische Zeitalter“, das für Vasari nach dem Ende des römischen Reiches beginnt, ist auch für die Kunst barbarisch. Die „dunklen und unglücklichen Jahrhunderte“ dienen ihm als Folie, vor der er die mit Cimabue in seiner toskanischen Heimat einsetzende Erneuerung betrachtet.

Der unumstrittene Protagonist dieses „goldenen Zeitalters" der Kunst ist aus Vasaris Sicht Michelangelo Buonarroti (1475–1564), der für ihn das absolute Ziel des künstlerischen Prozesses verkörperte, auf dessen Einhaltung und normative Gültigkeit er die Gegenwart verpflichten wollte und dem er sich als Künstler und Historiograph auch selbst verschrieben hatte. Hier dreht sich das periodische Schema um und wird zu einer Verheissung, deren von Vasari nicht wahrnehmbarer Pferdefuss die Verabsolutierung eines bestimmten Stilideals ist. Der Fortschritt, an den Vasari „glaubte", war eine Vervollkommnung in der auf der Nachahmung der Natur beruhenden Wiedergabe der sichtbaren Welt. Es war vor allem die Verbesserung der künstlerischen Mittel und Techniken, die zur stufenweise sich vollziehenden Verbesserung beitrug. Die durch die antiken Proportionen geregelte und systematisierte Kunstübung steht für Vasari auf der Basis der Zeichnung, des Disegno. Er ist Grundlage und Maßstab, um die Entwicklung und den Fortschritt zu messen. Vasari bezeichnet ihn als den Vater der drei Künste. Innerhalb des Dreistufenmodells verbessern sich die Künstler in jeder Generation, weil sie auf den Errungenschaften ihrer Vorgänger aufbauen können. Das Geschichtsbild Vasaris basiert zu einem ganz wesentlichen Teil auf der Vorstellung von einer Kette, welche die Generationen miteinander verbindet und die dazu führt, dass Wissen weitergegeben werden kann. Zum Modell der Werkstatttradition und des Meister-Schüler-Verbunds, auf dem die technische Qualitätssicherung basiert, kommt die ars, d.h. die geistige und die rationale Durchdringung und fortschreitende Verbesserung der manuellen Tätigkeiten. Demzufolge sind die Künstler für Vasari keine Handwerker, sondern Entdecker von Neuerungen, die zum allgemeinen Fortschritt beitragen.

Die wichtigste Voraussetzung für diese Verbesserung waren wissenschaftlich abgesicherte Regeln. Mit ihrer Hilfe konnten und sollten sich die bis dahin zu den artes mechanicae rechnenden Künste — Malerei, Skulptur, Architektur — für den Vergleich (Paragone) mit den seit der Antike angesehenen artes liberales rüsten, den freien Künsten, wie die wissenschaftlichen und musischen Tätigkeiten des menschlichen Geistes seit der Spätantike genannt wurden und zu denen man auch die Dichtung und die Musik rechnete. Neben die manuelle und materielle Routine und Virtuosität, die in den Objekte schaffenden Künsten vorrangig waren, tritt eine wissenschaftliche Durchdringung der bis dahin als handwerklich geltenden Tätigkeiten des Architekten, des Malers und des Bildhauers. Alle drei Künste waren traditionell der armatura zugeordnet und standen damit auf einer relativ niedrigen Stufe der artes mechanicae. Eines der frühesten Zeugnisse einer Statusverbesserung der drei bildenden Künste sind die Reliefs mit den Darstellungen von Malerei, Skulptur, Architektur und Bauhandwerkam Campanile des Doms von Florenz, wo sie als selbstständige Gruppe zwischen den freien und den mechanischen Künsten in Erscheinung treten.

zu 3. Jacob Burckhardt

armatura

 

Zu deutsch Waffenhandwerk, s. artes mechanicae

 

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artes liberales

 

Die Sieben freien Künste (lat. septem artes liberales) sind ein in der Antike entstandener Kanon von sieben Studienfächern, die nach römischer Vorstellung die 'einem freien Mann' ziemende Bildung darstellten. Im mittelalterlichen Lehrwesen galten sie als Vorbereitung auf die eigentlichen wissenschaftlichen Studienfächer Theologie, Jurisprudenz und Medizin. Die Freien Künste waren so bezeichnet, um sie gegenüber den praktischen Künsten (Artes mechanicae) abzugrenzen. Man unterschied bei den Freien Künsten das Trivium („Dreiweg“: Grammatik, Rhetorik, Dialektik) der sprachlich und logisch-argumentativ ausgerichteten Fächer, die die Voraussetzung für jede Beschäftigung mit der (lateinischen) Wissenschaft bilden, und das weiterführende Quadrivium („Vierweg“: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) der mathematischen Fächer.
Der Unterricht in den Artes liberales stand als ein Propädeutikum zwischen dem Elementarunterricht (Lesen und Schreiben mit elementaren Lateinkenntnissen, Rechnen, Singen) und den eigentlichen wissenschaftlichen Studien, bei denen im Frühmittelalter die Theologie im Vordergrund stand. Den Stoff der Artes vermittelten zunächst die Kloster-, Dom- und Kathedralschulen sowie städtische Bildungseinrichtungen und freie Magister.

 

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artes mechanicae

 

Als artes mechanicae („praktische Künste“) wurden in Altertum, Mittelalter und in der Renaissance Fertigkeiten bezeichnet, die dem unmittelbaren Broterwerb dienten. Den Sieben Freien Künsten wurden analog Sieben Mechanische Künste gegenübergestellt: lanificium (Wollherstellung), armatura (Waffenhandwerk) navigatio (Schiffshandwerk), agricultura (Landwirtschaft), venatio (Jagd), Medicina (Heilkunde), Theatrica (Fest- und Theaterwesen) 

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ars

 

italienische Bezeichnung für Zünfte, Gilden.

Disegno

 

Der Begriff leitet sich vom lateinischen designare (bezeichnen, zeichnen, im Umriss darstellen) ab und bedeutet Zeichnung sowohl als künstlerische Idee, Entwurf und als geistiges Konzept in einem religiösen Sinne. Der disegno ist der zentrale Begriff der bildenden Kunst der Renaissance in Italien und entwickelt sich zwischen Anfang des 15. bis Ende des 16. Jahrhunderts zu einer eigenständigen Kategorie. Er wird mit dem heutigen Begriff der Zeichnung nicht sinnvoll übersetzt, da disegno kein beliebiges Zeichnen oder Entwerfen bezeichnet. Die maßgebliche Kunsttheorie der Zeit sieht im disegno das herausragende Mittel in dem sich die Idee Gottes konkretisieren soll.
Nach Giorgio Vasari entspricht der disegno: „der Urgestalt oder dem Urbild jeder Naturerscheinung". Es ist: "der Vater unserer drei Künste, Architektur, Bildhauerei und Malerei, entspringt dem Geist und holt aus allen Dingen ein allgemein geistiges Element, gleich einer Form oder Idee aller Dinge der Natur."

 

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