Studentenkarzer der Universität Heidelberg

Der Heidelberger Studentenkarzer ist wegen seiner Wandmalereien, wegen der Vielzahl der Räume und seines guten Erhaltungszustands wohl der bekannteste unter den Studentengefängnissen. Das heutige Gebäude, in dem der Studentenkarzer eingerichtet ist, wurde 1786 von der Universität erworben. 1823 wurden die Arrestzellen im Dachgeschoss des Wohnhauses des Pedellen, der als eine Art Polizist der Universität auch die Insassen beaufsichtigte, eingebaut. Diese Zellen blieben bis Februar 1914 in Betrieb. Fast 100 Jahre lang wurden in diesen Räumen Studenten für Delikte wie nächtliche Ruhestörung oder andere Verstöße gegen die öffentliche und universitäre Ordnung arretiert.

Seit ihrer Gründung zählte es zu den Privilegien der Universität, über ihre Mitglieder selbst Recht zu sprechen zu dürfen. Ab 1886 galt die akademische Gerichtsbarkeit aber nur noch für Disziplinarverfahren. Der Arrest dauerte, je nach Delikt, zwischen zwei Tagen und vier Wochen. Theoretisch durfte man während dessen die Lehrveranstaltungen besuchen. Jedoch galt das Karzerleben insgesamt als recht komfortabel und so wurde die Haft eher genutzt, um sich im Kreis der Kommilitonen hervorzutun, um Vorlesungen zu »schwänzen«, und um sich auf Wänden und Decken mit Malereien und Gedichten zu verewigen. 

Schon im späten 19. Jahrhundert verweisen Reiseführer auf dieses eindrucksvolle Zeugnis des Heidelberger Studentenlebens. Seit den 1970er Jahren ist der Karzer offiziell für Touristen zugänglich. Er zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt und stellt ein wichtiges Element des Heidelberger „Academic Heritage“ dar.

Die Malereien im Karzer müssen in den kommenden Jahren restauratorisch aufwendig konserviert werden, um sie für zukünftige Generationen in gutem Zustand zu erhalten. In der Heidelberger Bilddatenbank heidICON wird 2021 ein digitaler Katalog zugänglich gemacht, in dem die Wandmalereien durch das Institut für Europäische Kunstgeschichte in Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege erstmals vollständig und systematisch in Fotos erfasst wurden. Alle Namen, Datierungen und weitere Informationen, die in den einzelnen Bildern enthalten sind, wurden dokumentiert. Durch Auswertung verschiedener Quellen des Universitätsarchivs war es häufig möglich, die Karzerinsassen als Urheber Maler der Graffitis namentlich zu identifizieren und viele Bilder genauer zu datieren.

Entstanden ist ein umfassender Katalog mit über 2000 Bildern. Sie können entsprechend der Räume des Studentenkarzers angesteuert, aber auch nach Namen, Daten und anderen Informationen durchsucht werden. Ergänzende Links führen zu den Quellen des Universitätsarchivs und zu Wikipedia-Einträgen über später berühmt gewordene Studenten.

Studentenkarzer der Universität Heidelberg