Das Gesetz zur Änderung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft

Was kommt – was bleibt.

Gabriele Beger

Dieses ABC ist vorrangig für Kunst- und Museumsbibliotheken geschrieben und geht deshalb insbesondere auf urheberrechtlich relevante Leistungen dieser Bibliotheken ein.

Kunst- und Museumsbibliotheken erwerben, verzeichnen und stellen wie andere Bibliotheken auch Medien den Mitarbeitern und ggf. auch einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung. Darüber hinaus digitalisieren sie die Abbildungen von Kunstobjekte (Bildkataloge) und machen diese auf CD-ROM oder in Netzen ihrem Klientel zugänglich. Des weiteren bietet das Internet erstmals die Möglichkeit, dass Bilder, Texte, Ton u.a. Werke zu einem bestimmten Thema in einer Datenbank zusammengetragen werden können. Diese Datenbanken können im Rahmen von Führung in den Museen genutzt werden, oder für wissenschaftliche Zwecke einem bestimmten interessierten Kreis zur Verfügung stehen.

Dies alles sind urheberrechtlich relevante Handlungen.

Die Gesetzesänderung befasst sich ausschließlich mit dem Recht der Vervielfältigung, Wiedergabe und dem Schutz von Werken in digitaler Form und Netzen. Für die analogen Werke gilt ein Besitzstand, dass heißt, hier findet keine Änderung statt.

Wiedergabe in Netzen

Im neuen Urheberrechtsgesetz wird die Wiedergabe in Netzen als ein neues exklusives Verwertungsrecht, neben den bereits bekannten Verwertungsrechten, geregelt. Danach steht es jedem Urheber zu, zu bestimmen, ob sein Werk in Netzen öffentlich zugänglich gemacht werden darf (§ 15 UrhG E)

Die öffentliche Zugänglichmachung (§ 19 a UrhG E) ist bereits erfüllt, wenn "Mitglieder der Öffentlichkeit zu einem Zeitpunkt und von einem Ort ihrer Wahl Zugang erhalten". in der sog. analogen Welt ist der Öffentlichkeitsbegriff an einen unbestimmten Kreis von Angehörigen der Öffentlichkeit gebunden. Bei der Netzwiedergabe ist aber bereits der Öffentlichkeitsbegriff erfüllt, wenn nur ein Mitglied der Öffentlichkeit Zugang zu einem öffentlichen Netzangebot erhält. Es kommt also auf die Art des Einstellens in Netze an. Wer Werke in das Internet einspeist, kann davon ausgehen, dass Mitglieder der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl Zugang haben. Aber bereits das Intranet oder das Einspeisen in einen CD-ROM-Manager reicht aus, weil auch hier der Zugang frei entschieden werden kann. Lediglich Einzelplatzinstallationen erlauben keinen eigene Wahl, so dass sie nicht von dem neuen Recht erfasst sind.

Exklusives Recht heißt, dass der Urheber zustimmen muss, bevor eine Nutzung erfolgen kann. Wollen also Bibliotheken künftig Werke über Netze zugänglich machen, so benötigen sie dazu die ausdrückliche Zustimmung des Urhebers bzw. in der Regel des Verlegers. Dies gilt auch, wenn sie die Werke vorher käuflich erworben haben. Am Beispiel einer CD-ROM, die käuflich erworben wurde, soll dies verdeutlicht werden. Die CD-ROM kann ohne Zustimmung verliehen werden, wird sie jedoch in ein CD-ROM-Netz eingespielt, so muss dafür die Zustimmung eingeholt werden.

Ausnahmetatbestand für Unterricht und wissenschaftliche Forschung

Wie in anderen Fällen auch, so sieht der Regierungsentwurf Ausnahmetatbestände vor. Ausnahmetatbestände, sind Rechtsnormen, die im Interesse der Allgemeinheit das exklusive Recht des Urhebers beschränken,. Die Nutzung darf in den engen Grenzen der Ausnahmebeschreibung ohne Zustimmung erfolgen. Die Ausnahme zu § 19 a UrhG E ist in § 52 a UrhG E definiert. Hiernach soll die öffentliche Zugänglichmachung im Rahmen des Unterrichts für den konkret bestimmten Kreis der Unterrichtsteilnehmer und für die eigene wissenschaftliche Forschung einer Person, ebenfalls unter Wahrung der konkreten Definition des Zugriffskreises ohne Zustimmung gestattet werden. Die öffentliche Zugänglichmachung darf darüber hinaus keinem kommerziellen Zweck dienen. Gleichzeitig soll die Vervielfältigung in dem bezeichneten Rahmen gestattet werden.

Das heißt für Kunst- und Museumsbibliotheken z.B. , dass sie ohne Zustimmung für ihre museumspädagogischen Kurse und für das Netz der Kunstwissenschaftler, Werke in Netze stellen kann, soweit der Zugriffskreis konkret definiert wird und kein kommerzieller Zweck mit der Nutzung verfolgt wird. Als Entschädigung soll eine Verwertungsgesellschaftspflicht den Einzug einer entsprechenden Tantieme regeln.

Recht der technischen Schutzmaßnahmen

Neben dem neuen Recht der öffentlichen Zugänglichmachung gibt es ein weiteres neues Recht, dass der technischen Schutzmaßnahmen. Urhebern und Anbietern ist es ausdrücklich gestattet, Schutzmaßnahmen vor missbräuchlicher Nutzung zu ergreifen (§ 98 a UrhG E). Diese können in einem Kopierschutz, Passwort, Verzerrung, Verschlüsselung u.a. bestehen. Erwirbt eine Bibliothek z.B. eine CD mit Kopierschutz und will sie diese unter Anwendung des § 52 a UrhG E in ein Netz stellen, so hat sie gemäß § 98 b UrhG E als Berechtigter einer Ausnahme, einen Anspruch auf Herausgabe der Mittel zur Auflösung der Schutzmaßnahme. Das Recht selber die Schutzmaßnahme zu umgehen, besteht nicht.

Im § 98 b (Durchsetzung von Ausnahmen) sind alle Ausnahmetatbestände abschließend genannt, die unter dem Schutz des Gesetzes stehen.

Vervielfältigungsrecht und Kopienversand

§ 53 UrhG E (Vervielfältigung zum privaten und sonstigen Gebrauch) soll dem Grundsatz nach auch auf digitale Werke und Verfahren erweitert werden. So soll die digitale Privatkopie, das Kopieren zum wissenschaftlichen Gebrauch, zu Archivzwecken und kleiner Teile aus Büchern und einzelner Aufsätze aus Zeitungen und Zeitschriften sowie von vergriffenen Werken auch aus digitalen Werken oder mittels digitaler Verfahren gestattet werden. Diese Ausnahmen sind aber mit dem Katalog des § 98 b UrhG E auf ihre Durchsetzbarkeit hin, wenn technische Schutzmaßnahmen ergriffen wurden, zu prüfen.

Der Katalog enthält z.B. nicht die digitale Privatkopie. Will also ein Bibliotheksbenutzer zu privaten Zwecken eine Kopie einer CD auf der Grundlage des § 53 Abs. 1 (Vervielfältigung zum privaten Gebrauch) hergestellt bekommen, und hat diese CD einen Kopierschutz, kann er den Ausnahmetatbestand nicht anwenden. Dagegen steht das Recht zur Kopie zum wissenschaftlichen Gebrauch und zu Archivzwecken unter dem Schutz des § 98 b UrhG. Das gilt auch für das Kopieren von kleinen Teilen aus Büchern und von einzelnen Beiträgen aus Zeitungen und Zeitungen, wenn zugleich eine Kopie auf Papier, oder eine ausschließlich analoge Nutzung erfolgt. Damit ist auch der Kopienversand dieser legal hergestellten Kopien gestattet.

Elektronische Archive

Die Herstellung eines digitalen Archivs steht dagegen unter dem Schutz des Gesetzes (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG E). Soweit dieses Archiv wirtschaftliche Zwecke verfolgt, ist zugleich ein Archiv in Papier oder eine ausschließlich analoge Nutzung vorgeschrieben. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass das Recht zur Herstellung eines elektronischen bzw. digitalen Archivs nicht zugleich das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung erfasst. Die öffentliche Zugänglichmachung wird allein durch § 52 a bestimmt. Ist hier keine Anspruchsgrundlage zu finden, ist regelmäßig die Zustimmung des Urhebers bzw. des Verlegers einzuholen.

Vorrang des Vertrages

Dies alles gilt nicht, wenn die Bibliotheken einen Lizenzvertrag geschlossen haben bzw. online-Werke mittels Vertrag angeboten werden. Diese überlagern die gesetzlichen Ausnahmetatbestände. Hier gilt nur das, was im Vertrag vereinbart wird.

Bildkatalog

Abschließend noch einige Ausführungen zur vorgesehenen Regelung für sog. Bildkataloge. Kunst- und Museumsbibliotheken sowie Artotheken verzeichnen die Kunstobjekte aus ihrem Bestand in sog. Bildkatalogen. Hier findet eine Abbildung des Kunstobjektes zusammen mit den üblichen und ggf. erweiterten bibliographischen Daten Eingang in den Katalog. Die Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe von Kunstobjekten erfordert dem Grundsatz nach die Zustimmung des Künstlers. § 58 Abs. 2 UrhG E gestattet jedoch die Aufnahme von Abbildungen in einem Katalog und die Zugänglichmachung auf sog. Offline-Medien (CD-ROM) ohne Zustimmung, soweit es sich um Bestandsverzeichnisse u.a. Kataloge handelt. Die Wiedergabe in einem öffentlichen Netz, wie dem Internet, ist davon nicht erfasst.

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Gesetzesnovelle nicht ein grundsätzlich neues Urheberrechtsgesetz schafft, sondern lediglich die Wiedergabe in Netzen und die Vervielfältigung von elektronischen Werken bzw. die Herstellung eines elektronischen Archivs ausdrücklich regelt. Danach ist jede Zugänglichmachung über Netze eine zustimmungsbedürftige Handlung, es sei denn § 52 a bietet den Bibliotheken bzw. ihren Benutzern eine Anspruchsgrundlage. Auch der Vorrang des Vertrages (Lizenzvertrag) insbesondere für online-Medien ist nicht neu, sondern seit Jahren bekannte Praxis.

(Stand 2006)