Rezension

Susanne König: Marcel Broodthaers: Musée d'Art Moderne, Département des Aigles. , Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2012, 270 S., ISBN 978-3-496-01430-0, 49.00 EUR
Buchcover von Marcel Broodthaers: Musée d'Art Moderne, Département des Aigles
Christiane Post: Künstlermuseen. Die russische Avantgarde und ihre Museen für Moderne Kunst, Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2012, 336 S., ISBN 978-3-496-01470-6, 49.00 EUR
Buchcover von Künstlermuseen
rezensiert von Bianca Girbinger, Karlsruhe
Der Belgier Marcel Broodthaers ist mit seinen ortsbezogenen Inszenierungen eines "Musée d'Art Moderne, Département des Aigles" längst in den Kanon einer künstlerischen Praxis eingegangen, die seit Anfang der 1990er-Jahre unter dem Namen Institutionskritik firmiert. Broodthaers' Kritik am Museumsmythos scheint jedoch aufgrund ihres ephemeren Charakters und angesichts des ungeklärten Status heutiger Institutionskritik selbst zu einem institutionalisierten Mythos geworden zu sein. Susanne König untersuchte Broodthaers' "Musée d'Art Moderne, Département des Aigles" in ihrer gleichnamigen, 2012 publizierten Dissertation. Dieses "fiktive Museum", wie er es selbst nannte, und das Broodthaers von 1968 bis 1972 an unterschiedlichen Orten zu einem künstlerischen Konzept ausbaute, ist überwiegend in Form von Raumplänen und Fotografien überliefert. Susanne König kompensiert diese defizitäre Überlieferungslage mit einer disziplinübergreifenden Werkdeutung und beruft sich dabei auf den amerikanischen Kunsthistoriker Hal Foster. In seinem Buch "The Return of the Real" beschreibt Foster die Konzeption der Neo-Avantgarde als eine auf historischen Vorgängern aufbauende, die zugleich die Wirklichkeit der Gegenwart integriert, indem sie die soziale Dimension der Kunst sowie Diskurse anderer Wissenschaften einbezieht. Ein Bekenntnis zu Kunsttradition und Gegenwartsdiskurs äußerte Broodthaers im Kapitel "Methode" seines Ausstellungskatalogs "Séction des Figures", indem er in einem Zug Marcel Duchamp, René Magritte und Michel Foucault als Hauptreferenten seiner Arbeit nennt. Ausgehend von diesem Diktum macht Susanne König den Versuch, künstlerische und diskursive Referenzen von Broodthaers' Künstlermuseum im Einzelnen aufzuzeigen, um dadurch Broodthaers' künstlerische Haltung herauszuarbeiten. Zunächst erstellt König eine fundierte Gegenstandsbeschreibung des "Musée d'Art Moderne". Die chronologische Beschreibung der zwölf Stationen des Museum nennt nicht nur Orte und ausgestellte Objekte, sondern auch Akteure, Aktionen und institutionelle Kontexte. Damit gibt die Autorin ihren Lesern einen übersichtlichen Einblick in die Struktur des Gesamtkomplexes. Eine Rekonstruktion des nur fragmentarisch überlieferten Museums ist besonders hilfreich, gerade weil Broodthaers museale Ordnungssystematiken so gerne ironisch unterlaufen hat. So änderte Broodthaers beispielsweise den Titel seines Ausstellungsbeitrags auf der documenta 5 nach der Hälfte der Ausstellungsdauer: Die zunächst als "Séction d'Art Moderne" ausgestellte Abteilung wurde kurzum umbenannt in ein "Musée d'Art Ancien, Département des Aigles, Galerie du XXème Siècle", in ein historisches Museum, dem eine Abteilung für Gegenwartskunst untergeordnet ist. Broodthaers zeigte an je einem Ort eine Abteilung (Séction) des fiktiven Museums. Die erste Abteilung, die "Séction XIXème Siècle" eröffnete der Künstler 1968 in seinem Brüsseler Atelier. Die ebenfalls in Fotografien überlieferte "Séction Documentaire" zeigte nur einen architektonischen Grundriss, den Broodthaers zusammen mit Herman Dale in den Sandstrand von Le Coq zeichnete. Um die Zeichnung herum wurden Hinweis- und Verbotsschilder aufgestellt, die an museale Konventionen erinnerten. Die Abteilung existierte nur solange, bis die Flut sie auslöschte. Die auf dem Kölner Kunstmarkt 1971 installierte "Séction Financière" verkündete den Verkauf des "Musée Moderne". Weitere Stationen folgten. Zuletzt zeigte Broodthaers sein fiktives Museum 1972 auf der documenta 5. Aus diesem Gesamtkomplex greift Susanne König noch einmal die "Séction des Figures" heraus, um sie als "Verdinglichung" von Broodthaers' Museumsidee zu interpretieren. Die Abteilung "Séction des Figures" zeigte Adler in allen erdenklichen Formaten und Medien. Indem der Adler durch Variation und Wiederholung als profaner Gegenstand gezeigt wird, relativiert Broodthaers nicht nur eine mit dem Tier assoziierte Herrschaftssymbolik, sondern machte zugleich auf die kontextuellen Bedingungen des Museums aufmerksam. Im Folgenden gliedert König ihre Analyse entlang historischer, künstlerischer und theoretischer Referenzen. Wesentliche historische Bezüge sind das Protestjahr 1968, in dem Broodthaers sein fiktives Museum gründete, sowie das 19. Jahrhundert, das für die Geburt der bürgerlichen Institution Museum steht. Im Vorfeld seiner Museumsgründung beteiligte sich Broodthaers 1968 aktiv an den politischen Ereignissen in Belgien. Dieses Engagement rekonstruiert die Autorin anhand einer Folge von Briefen, mit denen Broodthaers auf die Besetzung des Palais des Beaux Arts reagierte. Im Herbst 1968 folgte die Eröffnung des fiktiven Museums mit seiner ersten Abteilung im Atelier des Künstlers. Diese "Séction XIXème Siècle" war nicht nur eine Reminiszenz an den historischen Ursprung des Museums im 19. Jahrhundert, es fungierte zudem als öffentliches Podium, um das gegenwärtige Verhältnis von Kunst und Gesellschaft zu diskutieren. In einem weiteren Kapitel diskutiert König die künstlerischen Referenzen des Adlermuseums. Der Vergleich mit Duchamps Ready-made zeigt, dass beide Künstler mit ihrer Geste die Definitionsmacht des Museums zwar hinterfragen, dies jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Duchamps Objekte wandelten sich im Laufe des 20. Jahrhunderts zu musealen Fetischobjekten und ließen die Institution Museum intakt. Broodthaers' Ausstellung von Ready-mades, wie sie die "Séction des Figures" zeigte, zielte nicht auf die museale Auratisierung von Objekten, sondern vielmehr darauf, ihre ursprüngliche Profanität zu erkennen und die Transformationskraft des Museums zu verdeutlichen. Mit dem Satz "Dies ist kein Kunstwerk", den Broodthaers im Ausstellungsraum installierte, bezog sich der Künstler unmittelbar auf Magrittes Gemälde "Der Verrat der Bilder". Entgegen Magritte fragt Broodthaers' Satz nicht nach Sprach- oder Abbildungsverhältnissen, sondern nach den kontextuellen Bedingungen der Gegenstände. Über die von Broodthaers selbst genannten Vorbilder hinaus, stellt König das fiktive Museum in ein dichtes Netz kunsthistorischer Referenzen. Die Analogien reichen von der Ersten Internationalen Dada-Messe, dem belgischen und französischen Surrealismus über Pop Art, Nouveau Réalisme, Konzeptkunst, Institutionskritik und Fotografie in der Land Art. Die Verbindungen des fiktiven Museums zu Werken der Avantgarde- bzw. Gegenwartskunst sind jedoch nicht nur wegen ihrer Ähnlichkeiten, sondern vor allem durch die von Broodthaers markierten Unterschiede aufschlussreich. Dies vor allem, da Broodthaers' Strategie nicht im Zeigen von Objekten und Situationen endete, sondern darüber hinaus eine Haltung zu ihren institutionellen Bedingungen formulierte. Im Vergleich mit anderen Künstlermuseen zeigt sich, dass diese in Form eines Museums auftreten, jedoch die Strukturen des Museum selbst nicht zwingend in Frage stellen. So ist Claes Oldenburgs "Mouse Museum" zwar eine Kritik am amerikanischen Kapitalismus, überging jedoch das Problem der Institution Museum. Über eine Darstellung von Broodthaers' Dekonstruktionen in Text und Film gelangt König zu einem Theoriekonglomerat, das für die Deutung eines institutionskritischen Projekts der 1960er-Jahre naheliegt: Die Semiologie von Roland Barthes, Michel Foucaults Diskursbegriff, Marx Begriff des Warenfetisch und Althussers Ideologiekritik. Besonders aufschlussreich ist Königs Interpretation des fiktiven Museums unter Rückgriff auf Roland Barthes' Semiologie, die er u.a. in seinem Buch "Mythen des Alltags" formulierte. In Anlehnung an Barthes, stellt die Autorin die These auf, dass Broodthaers als "Mythologe zweiter Ordnung" operierte: Der Künstler schuf mit seinem fiktiven Museum einen "künstlichen Mythos", den er der "natürlichen" Ordnung des traditionellen Museums entgegenstellt. Im Gegensatz zum konventionellen Museum verbirgt der "künstliche Mythos" seine Strukturen und seine Geschichtlichkeit nicht und vermag auf diese Weise den Ursprungsmythos zu demaskieren. In ihrem Schlusskapitel erörtert Susanne König noch jene Dokumentarfotografien, die ihre Interpretation, über die bereits besprochenen Referenzen hinaus, leiteten. Diese spannende, überraschend eröffnete Thematik droht leider in der allgemeinen Zusammenfassung des Schlusskapitels unterzugehen und hätte eventuell ein eigenes Kapitel verdient gehabt. Während bisherige Forschungsarbeiten überwiegend das Gesamtwerk berücksichtigten und theoretische Bezüge andeuteten, hebt König mit ihrem Forschungsbeitrag diese explizit hervor, um die Methodik des fiktiven Museums darzulegen. Königs wissenschaftliche Rekonstruktion macht Marcel Broodthaers' Museumsidee greifbar und damit auch wieder diskussionswürdig. Christiane Post rekonstruiert in ihrer 2012 publizierten Habilitationsschrift die Geschichte der russischen "Museen für Malerische und Künstlerische Kultur" im nach-revolutionären Russland der frühen 1920er-Jahre. Ein in Folge der Oktoberrevolution 1917 staatlich subventionierter Museumsboom erweiterte nicht nur das Museum zu einem Experimentierfeld avantgardistischer Kunst, sondern zugleich die Kompetenzen der Künstler: über den Status des Produzenten hinaus agierten sie in leitenden Positionen als Kuratoren, Theoretiker und Vermittler von Gegenwartskunst. Diese bisher wenig beachtete Verbindung der russischen Avantgarde mit der Geschichte der Museen für Moderne Kunst in Russland dokumentiert die Autorin anhand umfangreichen Quellenmaterials aus russischen Archiven. Inhaltlich orientiert sich die Untersuchung am institutionskritischen Museumsdiskurs der Avantgarde. Dieser Diskurs polemisierte, bezugnehmend auf die Französische Revolution, gegen ein ideologisch sowie ästhetisch veraltetes Museum und plädierte für ein experimentelles Museum für Gegenwartskunst. Dass dieses Museumexperiment wiederum Teil einer staatlich dirigierten Kulturoffensive war, zeigen die institutionellen Abläufe in Form von Konferenzen, Berichten und Beschlüssen. Der Gründung der neuen Museen für Malerische und Künstlerische Kultur ging die Schaffung eines Netzes hierarchischer Verwaltungsstrukturen voraus. Die Autorin erörtert daher in ihren ersten beiden Kapiteln die kulturpolitischen Folgen der Oktoberrevolution: In Folge der Neuordnung von Staat, Eigentum und Kultur gelangten namhafte Avantgardekünstler in Schlüsselpositionen der Kulturverwaltung und konnten dadurch innerhalb kurzer Zeit neue Standards im Museumswesen entwickeln. Die Verwaltung von Bildung, Erziehung und des russischen Kulturerbes wurde dem neu eingeführten Volkskommissariat für Bildungswesen (Narkompros) unterstellt. Dieses Organ gliederte sich in weitere Abteilungen, darunter die 1918 gegründete Abteilung für Bildende Künste (IZO). Kunstkollegien, die Künstler wie Tatlin, Malewitsch und Rodschenko sowie Kunsthistoriker und Architekten vereinten, wurden dem IZO beratend beigestellt. Ein Museumsbüro sowie Kommissionen für Kunstankäufe wurden dem IZO ebenfalls eingegliedert. Eine paradoxe Situation: Diejenigen Avantgardekünstler, die ideologisch zum Anarchismus tendierten und für die geistige Freiheit der Kunst eintraten, fügten sich in ein streng reglementiertes Staatswesen, um für ihre Kunst Öffentlichkeit herzustellen. In einem weiteren Kapitel erläutert Christiane Post die Genese der Museen für Malerische und Künstlerische Kultur. Hierfür zitiert die Autorin aus Dokumenten der ersten Sitzungen der Kunstkollegien in Petrograd und Moskau 1918 sowie aus zwei programmatischen Texten von Kasimir Malewitsch: "Über das Museum" und "Farbachse und Volumen". Alle Dokumente verbindet eine Diskussion um den neuen Begriff "Malerische und Künstlerische Kultur" und wie dieser von den Museen repräsentiert werden sollte. Der neue Museumsbegriffs stellte eine scharfe Kritik an der traditionellen Museologie und ihrer veralteten Institutionen dar. Malewitsch kleidete seine Institutionskritik in eine Rhetorik des radikalen Ikonoklasmus. Voraussetzung für lebendiges Museum sei die radikale Zerstörung der alten Museologie und ihrer Kunstschätze. Eine Aufhebung von Chronologien zugunsten eines Museumsraumes, dessen Wände als dynamische Flächen fungierten, sollte die Erfahrung von lebendiger Gegenwart freigeben. Das 1920 eröffnete Museum für Malerische Kultur unter Leitung von Wassily Kandinsky realisierte ein Museum nach dezidiert künstlerischem Konzept. Die Sammlung sollte formale Neuerungen in der Malerei vorführen. Erfindung, Experiment und Technizität der zeitgenössischen Kunst wurden zu primären Kriterien künftiger Sammlungs- und Ausstellungspolitik. Es folgt ein Exkurskapitel über das Moskauer Institut für Künstlerische Kultur (InChUK), das ebenfalls im Jahr 1920 öffnete. Dieses Institut setzte sich für eine theoretisch-wissenschaftliche Erforschung künstlerischer Medien ein. Die angestrebte Verbindung von Kunst und Naturwissenschaften, Psychologie und Physik wurde in Laborversuchen erprobt, die beispielweise das Verhältnis von Klang und Farbe erforschten. Die Geschichte dieses Instituts, dokumentiert die Autorin jedoch nicht nur hinsichtlich einer innovativen künstlerischen Forschung, sondern auch in seinen Versuchen einer ideologischen Ausrichtung sowie administrativen Vorgängen. Das darauf folgende Kapitel erörtert wie die künstlerischen Konzepte in den verschiedenen Museen im nach-revolutionären Russland umgesetzt wurden. Die Museen in Vitebesk und Smolensk einte ein dezidiert wissenschaftlicher Anspruch. Marc Chagall integrierte das Vitebesker Museum in die örtliche Kunstschule und damit in die künstlerische Lehre. Malewitsch, der das Museum anschließend leitete, initiierte ein "einheitliches Auditorium Malerei" und setzte damit einen Schwerpunkt auf die Vermittlung von Gegenwartskunst in der künstlerischen Lehre. Mit der studentischen Künstlergruppe UNOVIS strebte Malewitsch einen neuen Typ Kunstschule an, die als wissenschaftliches Forschungsinstitut auf der Grundlage des Suprematismus ein universelles Kunstsystem konzipierte. Diese von Malewitsch angestrebte Formrevolution basierte auf dem Studium der Vitebesker Museumssammlung. Das Museum für Künstlerische Kultur (MChK) in Petrograd / Leningrad hatte u.a. eine eigene Abteilung für Materialkultur. In dieser Abteilung erforschte Tatlin Materialeigenschaften und schuf für die UDSSR vorbildliche Musterstücke, beispielsweise Entwurfszeichnungen für Standardkleidung und andere Projekte, die dann in Ausstellungen des Museums für Künstlerische Kultur präsentiert wurden. Eine Formtheoretische Abteilung analysierte die Malsysteme modernistischer Stile und entwickelte eine "Theorie des additionalen Elements der Malerei". Das russische Museumsexperiment führte nicht nur zu Nachahmungen in Osteuropa wie die elf Jahre später gegründete "Internationale Sammlung Moderner Kunst" in Lodz; auch westliche Museumsmacher rezipierten begeistert die russischen, auf zeitgenössische Kunst spezialisierten Museen. Adolf Behne empfahl dem Berliner Kronprinzenpalais die neuen Museen zum Studium. Karel Teige lobt die russischen modernen Museen als beispiellos in Europa und Alfred J. Barr gründete ein Jahr nach seinem Besuch des Moskauer Museums für Malerische Kultur das erste westliche Museum für Moderne Kunst: Das Museum of Modern Art in New York. Ab 1922 wurden die russischen Künstlermuseen schließlich sukzessive aufgelöst und die Avantgarde in den Kanon der Museumskunst eingegliedert. 1930 setzte eine weitere Reformierung der Museumswesen ein, die die russischen Museen zunehmend für die marxistisch-leninistische Ideologie instrumentalisierten. Dies zeigt sich beispielweise an der Einführung des "selbstsprechenden Museums", eine auf das Massenpublikum orientierte Besucherführung in Form von Spruchbändern und Plakaten, die jedoch zunehmend die ausgestellte Avantgardekunst diffamierten. Die Auflösung von Künstlervereinigungen, eine verstärkte Kontrolle der Kulturproduzenten durch die kommunistische Partei, Kampagnen gegen die Avantgardekunst und schließlich die Entfernung avantgardistischer Kunst aus der Tretjakov Gallerie beendete 1936 die Zeit der Avantgarde in Russland. Christiane Posts Quellenstudium gibt einen sehr guten Einblick in den avantgardistischen Museumsdiskurs, seine Ziele und kurzfristigen Erfolge sowie dessen Einbettung in staatliche Strukturen. Über den geschichtlichen Teil hinaus bietet das Buch zahlreiche Werkabbildungen der Museen für Künstlerische Kultur, Porträtaufnahmen der führenden Avantgardekünstler sowie Ausstellungsansichten der Künstlermuseen. In einem Anhang findet der Leser eine dezidierte Auswahl an Künstlertexten, die das Verhältnis von Avantgarde und Museum beschreiben. Eine in der Einleitung versprochene Quellenkritik des vorzüglich ausgewählten Materials wird jedoch nur selten von der Autorin eingelöst. Die historisch paradoxe Situation der Avantgardekünstler, die einerseits ideologisch funktionalisiert, andererseits größtmögliche Autonomie und Gestaltungsfreiheit hatten, bietet möglicherweise noch viel Diskussionsstoff. Beide Publikationen berichten von prägenden, institutionskritischen Modellen in Form von Künstlermuseen. Die russischen Künstlermuseen waren Teil einer universellen, staatlich subventionierten Kulturoffensive, in deren Rahmen sich die Avantgardekünstler in neuen Rollen im Kunstsystem professionalisierten. Broodthaers hingegen integrierte eine Reflektion über das Rollenspiel im Kunstsystem - indem er selbst in wechselnden Rollen als Künstler, Museumsdirektor, Kunsthistoriker und Galerist in seinem fiktiven Museum auftrat.

Bianca Girbinger

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Bianca Girbinger: Rezension von: Susanne König: Marcel Broodthaers: Musée d'Art Moderne, Département des Aigles. , Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2012
Christiane Post: Künstlermuseen. Die russische Avantgarde und ihre Museen für Moderne Kunst, Berlin: Dietrich Reimer Verlag 2012
in: KUNSTFORM 18 (2017), Nr. 1,

Rezension von:

Bianca Girbinger
Karlsruhe

Redaktionelle Betreuung:

Hubertus Kohle