Zwischen Rom und Florenz: Francesco Salviati und Perino del Vaga

Während der Pontifikate Leo’s X. und Clemens‘ VII. hatte sich die Fluktuation der Künstler zwischen Florenz und Rom zu einem entscheidendem Faktor des Kunstbetriebs in Mittelitalien entwickelt, wie sich an den Lebensläufen von Rosso Fiorentino, Bandinelli und Cellini zeigt. Die Eroberung und Plünderung Roms (1527) weitete den Radius der Ausweichgebiete auf Genua, Venedig, Mantua und vor allem auf Frankreich aus und trug damit zur Ausbreitung der Stilsprache der Renaissance im Norden bei. Mit der Konsolidierung der Medici-Herrschaft in Florenz (1530) und der definitiven Niederlassung Michelangelos in Rom (1534) gewann dann erneut die Wechselbeziehung zwischen Florenz und Rom an Gewicht, die nun jedoch die jüngere Generation begünstigte. Eine Reihe von Künstlern pendelte zwischen Rom und Florenz und machte sich die engen Verbindungen zwischen den beiden Zentren zunutze. Zu ihnen gehörten die Bildhauer Vincenzo de Rossi (1525–1587), Raffaello da Montelupo (1505–1566), Montorsoli (1507–1563), Vincenzo Danti (1530–1576) und Bartolomeo Ammannati (1511–1592). Unter den Malern trifft das auf die nahezu gleichaltrigen Francesco Salviati(1510–1563) und Giorgio Vasari (1511–1574) zu. Salviati, eigentlich Francesco de’Rossi, hatte nach seinen Florentiner Lehrjahren bei Andrea del Sarto und Baccio Bandinelli als Schützling des Kardinals Giovanni Salviati in Rom dessen Namen angenommen und genoss außerdem die Protektion der Farnese, in deren römischem Palast >L.X.2 er einen Saal mit denTaten Pauls III. Farnese ausmalte. Sein kraftvoller und koloristisch brillanter Stil, der an Raffael und Giulio Romano geschult war, zeichnet sich durch eine ausgewogene Mischung römischer und florentinischer Elemente aus und dies lässt seine Werke weniger manieriert und artifiziell erscheinen als die der „reinen“ Florentiner. Eine Erklärung für diese gelungene Mixtur aus verschiedenartigen Einflüssen liegt auch in dem bewegten Lebenslauf des Künstlers, zu der ihn die beständige Suche nach Aufträgen zwang und in der großen Sicherheit und Leichtigkeit der Zeichnung. 1544 erhielt Salviati von Cosimo I. den Auftrag zur Ausmalung der ehemaligen Sala dell’Udienza im zweiten Geschoß des Palazzo Vecchio mit der Geschichte des Furius Camillus. Vasari zufolge, der mit ihm befreundet war, kam er nur nach Florenz, weil man ihm eingeredet hatte, der Herzog verfüge nur über Künstler, die langsam und unentschlossen arbeiteten. Salviatis monumentaler Zyklus im Palazzo Vecchio, der in der Invention und der Ausführung eines der gelungensten und besten Werke der Freskomalerei ist, die damals in Florenz entstanden sind, fand dort keine angemessene Anerkennung und Resonanz. Der Zyklus, der wahrscheinlich 1548 vollendet war, brachte Salviati jedenfalls nicht die erhoffte Weiterbeschäftigung ein. Nach dem gegen Pontormo verlorenen Wettbewerb um die Chorausmalung der Kirche S. Lorenzo >L.XV.4 kehrte er daher nach Rom zurück, wo er, nur unterbrochen durch einen kürzeren Aufenthalt in Frankreich, als Wandmaler, Porträtist und Entwerfer von Dekorationen eine reiche Tätigkeit entfaltete. Das aus den Quellen erschließbare Geflecht der Beziehungen der verschiedenen Künstler zum Herzog, das meistens über Mittelsmänner in der Verwaltung in die oberste Etage führte, die sich innerhalb weniger Jahre zu einem Wasserkopf aufgebläht hatte, war wohl der Grund dafür, dass es ihm, obwohl Florentiner und einer der besten Zeichner seiner Generation, nicht gelang, in Florenz Fuß zu fassen. Als Kontrastfolie für die erfolgreichen Karrieren von Agnolo Bronzino und Giorgio Vasari zeigt diese Sachlage, wie eingleisig die ehemals so vielgestaltige Florentiner Kunst im Dienst des Fürsten wurde.

Das zeigt auch der Fall des aus Florenz stammenden, aber durch seine römischen Jahre in der Werkstatt Raffaels geprägten Perino del Vaga. Vasari überliefert eine Episode, die sich auf dessen kurzen Aufenthalt in Florenz (1522–1523) bezieht. In einer Diskussion mit Florentiner Künstlern über die Besonderheiten der römischen und florentinischen Schule, die in der Cappella Brancacci in S. Maria del Carmine stattfand >L.VII.6 erklärten die Florentiner Masaccio zum immer noch gültigen Leitbild, während Perino der Ansicht war, „kühnere und anmutigere Künstler“ zu kennen, deren Werke sehr viel schöner seien. Er bezog sich damit vor allem auf Raffael, unter dem er selbst in den vatikanischen Loggien gearbeitet hatte. Ein in Florenz entworfener Karton, mit dem er den Florentinern sein Können demonstrieren wollte, blieb zwar unvollendet, beweist aber seine Nähe zur Raffael-Schule, die ihm ab 1528 eine erfolgreiche Karriere als Kunstintendant Andrea Dorias in Genua ermöglichte >L.XIV.5, bevor er 1538 nach Rom zurückkehrte.

 

zu 7. Bronzino als Hofmaler der Medici