Die "Tre Corone di Firenze" und der italienische Frühhumanismus

Cola di Rienzi, der sich auf die antike Größe Roms berief, ist aufs engste mit dem Frühhumanismus des 14. Jahrhunderts verbunden, als dessen Protagonisten drei Dichter gelten, die auch als die „drei Kronen von Florenz“ bezeichnet werden, nämlich Dante Alighieri, Francesco Petrarca und Giovanni Boccaccio, die als die geistigen Väter der Renaissance gelten. Sie bilden eine Art von Dreigestirn, in dem jeder Stern seine eigene Strahlkraft hat, die sich aber insgesamt zu einem neuen geistigen Prinzip verbinden. Dante beschwor die Antike und gab dadurch der Sicht auf die Gegenwart eine neue Dimension, Petrarca entwarf ein Programm für die kulturelle Zukunft Italiens, Boccaccio schließlich band beide Vorgänger, von denen er nur Petrarca persönlich kennen lernte, in die kulturelle und literarische Tradition von Florenz ein. Schließlich greifen ihre Lebensläufe auch im Rhythmus der Generationen ineinander – das verdeutlichen ihre Geburtsdaten: 1265, 1304, 1313. Im Jahr 1300 war Dante Alighieri einer der Prioren von Florenz. Als überzeugter Anhänger der kommunalen Ordnung, die auf demokratischer Machtkontrolle und auf dem Gleichgewicht der Gewalten basierte, war er Gegner jedes absoluten Machtanspruches. Als verruchtester Zeitgenosse galt ihm Papst Bonifaz VIII., den er in seinem Hauptwerk, der Divina Comedia” des Ämtermissbrauchs (Simonie) beschuldigt. Als der Papst 1302 versuchte, Florenz dem Kirchenstaat einzuverleiben, war Dante gezwungen, ins Exil zu gehen und wurde in seiner Vaterstadt in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

1310 gehörte er zum Gefolge Kaiser Heinrichs VII. während dessen Italienzug und nahm 1312 an der erfolglosen Belagerung von Florenz teil. Schließlich ließ er sich 1316 in Ravenna nieder, wo er 1321 starb., ohne seine Vaterstadt wieder betreten zu haben. Sein Hauptwerk, das in volgare, also in italienischer Sprache verfasste Poem „Divina Commedia”, gilt als Gründungswerk der italienischen Literatur. Das rätselhafte und inhaltlich komplizierte Werk, das verschiedene Deutungsebenen besitzt, löste – wohl aufgrund seiner zahlreichen Anspielungen auf das aktuelle Geschehen und lebende Personen – schon bald heftige Reaktionen aus. Der erste Kommentar entstand bereits 1324, ab 1373 gab es in Florenz einen eigenen Lehrstuhl zur Deutung der Schriften Dantes. Heute wird das Zeitalter der Kommunen (età comunale) auch als Zeitalter Dantes bezeichnet.. Kunstgeschichtlich wird die Epoche mit Giotto assoziiert, der nicht nur Dantes Zeitgenosse war, sondern dem dieser in der „Divina Commedia” auch ein literarisches Denkmal gesetzt hat: „Jüngst wollte Cimabue das Feld behalten/ In der Malerkunst heute preist jedermann/ den Giotto, und es lischt der Ruhm des Alten". Giotto seinerseits hat sich in seiner Darstellung des Weltgerichts in der Scrovegni-Kapelle in Padua mit Dantes Vision der Hölle (Inferno) auseinandergesetzt.

Die zweite der tre corone fiorentine ist der in Arezzo geborene Francesco Petrarca (1304–1374), der ab 1311 in Avignon lebte, nachdem sein Vater aus Florenz verbannt worden war. 1320 weilte er zum Studium in Bologna. Als er 1337 zum ersten Mal nach Rom kam, war er vom Verfall der Stadt entsetzt. Petrarca war eine weltläufige Persönlichkeit, literarisch und gesellschaftlich anerkannt, aber auch mit allen Eitelkeiten eines sich seines Ruhmes bewussten Mannes. Er konnte es sich sogar leisten, die ihm 1340 durch die Pariser Universität angebotene Dichterkrönung auszuschlagen, da er diesbezüglich „nationale“ Ambitionen hatte. Diese wurden durch das Angebot des Senats von Rom erfüllt, welcher ihm diese Ehrung in Aussicht stellte, die nach antikem Vorbild am 8.4.1341 auf dem römischen Kapitol vollzogen wurde. Ein Jahr später traf er erstmalig mit Cola di Rienzi zusammen, der als Botschafter des populus romanus im Herbst 1342 an den päpstlichen Hof nach Avignon gekommen war. Petrarca setzte sich auch nach dem Scheitern von Colas Versuch einer republikanischen Reorganisation Roms ein und blieb, obwohl er alle ehrenvollen Angebote ausschlug, wie z. B. eine Professur in Florenz und die Stellung als päpstlicher Sekretär, am politischen Geschick seines Landes interessiert. Ab 1353 lebte er an verschiedenen italienischen Fürstenhöfen, so 1361 bei den Visconti in Mailand, 1365 begab er sich für kurze Zeit nach Prag an den Hof Kaiser Karls IV., der 1355 in Rom zum Kaiser gekrönt worden war.

Petrarca kultivierte den Gebrauch des klassischen Latein, im Gegensatz zum Mittellatein, das die Kirche gebrauchte. Er lebte von 1368 bis zu seinem Tode (1374) in seinem Landhaus in Arqua bei Padua, das in der Verbindung von otium und studium zum Urbild des italienischen Landhauses der Renaissance wurde. Petrarcas für die bildende Kunst folgenreichstes Werk sind die Trionfi (1352 beg., erstmals gedruckt 1470). Sie entwickelten sich zur wichtigsten und populärsten Quelle für die malerischen Darstellungen von Triumphwägen, die in den letzten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts in Mode kamen. Angelehnt an die Triumphzüge antiker Kaiser wurde die Idee des Triumphzugs nun unter moralischem Vorzeichen auf allegorische Personifikationen übertragen. Zum Gefolge von Amors Triumphzug gehören etwa die Liebessklaven (Caesar und Cleopatra, Salomon und die Königin von Saba, Aristoteles und Phyllis, Samson und Dalila), während der Tod über alle Lebensalters und Stände triumphiert.

Der jüngste Dichter im Florentiner Dreigestirn ist Giovanni Boccaccio (1313–1375), der wie Petrarca zugleich Gelehrter und Dichter war. Berühmt ist bis heute seine Novellensammlung„Il Decamerone”, die sich um die nicht nur für Italien desaströse Pestepidemie von 1348 rankt, welche die Toskana und ihre Städte entvölkerte und viele Künstler dahinraffte, darunter auch Simone Martini und Ambrogio Lorenzetti, und die den Weiterbau des neuen Domes von Siena zum endgültigen Stillstand brachte. 1350 erfolgte Boccaccios Zusammentreffen mit Petrarca, der ihn auf das Studium der antiken Autoren hinwies. 1353 entdeckte er im Kloster von Montecassino den Roman „Der Goldene Esel“ des antiken Dichters Apulejus, der eine bedeutende Quelle für die Malerei der Renaissance werden sollte. Wichtig sind auch seine „Genealogie der antiken Götter“ und seine „Sammlung von einhundertsechs Lebensbeschreibungen berühmter Frauen“, die von Eva bis in das 14. Jahrhundert reichen. Boccaccio führte das Studium des Griechischen in Florenz ein, finanzierte die erste Übersetzung Homers ins Lateinische und verfasste 1360 eine Biographie Dantes. Seit 1373 war er Inhaber des Dante-Lehrstuhls in Florenz und hielt in der Kirche S. Stefano al Ponte tägliche Vorlesungen über dessen Werke. Wenige Jahre nach Boccaccios Tod stellten die politischen Ereignisse neue Weichen für die Zukunft. Die wichtigsten, von dieser Zäsur betroffenen Zentren des weiteren Geschehens waren Rom, Florenz und Mailand.

zu 3. Das Papsttum 1378 bis 1447

Dichterkrönung

 

lat. poeta laureatus = lorbeergekrönter Dichter. Mit der Dichterkrönung wird im übertragenen Sinn die höchste Auszeichnung eines Dichters verstanden, die diesem überreicht werden kann. Der Dichter wird hierbei mit einem immergrünen Lorbeerkranz bekränzt. Die Verleihung der Dichterkrone lehnte sich an den antiken griechischen und römischen Brauch an, den Sieger im Dichterwettstreit mit Lorbeer zu krönen. Dabei wurde dem Dichter dauerhafter Ruhm zugesprochen. Nachdem schon im Hochmittelalter vereinzelt die Tradition der Dichterkrönung wieder aufgenommen wurde, erinnerte man sich vor allem während des Humanismus in Italien wieder der alten Sitte. Dort krönten vor allem Städte oder Universitäten Dichter.

 

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Scrovegni-Kapelle, Padua

 

= Arenakapelle; Capella di Scrovegni; 1302–1305 (Grundsteinlegung 1300) erbaut im Auftrag von Enrico Scrovegni zum Andenken an seinen Vater. Berühmt für ihre Ausstattung v.a. durch Fresken von Giotto und Skulpturen von Giovanni Pisano.

 

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Heinrich VII.

 

* 1278/79 in Valenciennes, † 24. August 1313 in Buonconvento bei Siena; aus dem Hause Luxemburg, Graf von Luxemburg und Laroche, Markgraf von Arlon, von 1308 bis 1313 römisch-deutscher König und seit 1312 römisch-deutscher Kaiser. Heinrich war seit der Krönung des Staufers Friedrich II. 1220, der erste König, der auch römisch-deutscher Kaiser wurde.

 

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Prioren von Florenz

 

Die Prioren waren ab 1282 das Exekutivorgan der republikanischen Stadtregierung von Florenz, bestehend aus 6 Vertretern der „arti“ (Gilden), die für die Zeit ihrer Regierung auch im Palazzo dei Priori wohnten.