Rezension

Isabelle Kirgus: Renaissance in Köln. Architektur und Ausstattung, 1520-1620, Bonn: Bouvier 2000,
Buchcover von Renaissance in Köln
rezensiert von Anke Neugebauer, Institut für Kunstgeschichte, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg

Köln - eine Renaissancestadt? Angesichts namhafter romanischer Kirchen und dem imposanten, 1248 begonnenen Dom scheint die Renaissance auf den ersten Blick die weniger stadtbildprägende Epoche der ehemaligen Reichsstadt zu sein. Und doch zählte Köln zu den bedeutendsten Renaissancestädten des niederen Rheingebiets, in denen im 16. und 17. Jahrhundert dank des internationalen Warenhandels vor allem durch das Bürgertum herausragende Bauleistungen der Renaissance entstanden. Durch den Verlust eines großen Teils von Gebäuden des 16. und 17. Jahrhunderts ist die für Köln bedeutsame Epoche der Renaissance in der kunstgeschichtlichen und historiographischen Forschung nur streiflichtartig berücksichtigt worden.

Erst in jüngerer Vergangenheit wurde der Versuch unternommen, u.a. mit der zweibändigen Publikation zur Ausstellung "Der Riß im Himmel" von Werner Schärfke und Frank Günter Zehnder (Rezensionen in KUNSTFORM 1 (2000), Nr. 1 von Ulrich Heinen und Annette Dorgerloh) das Kölner Renaissancezeitalter wieder populär zu machen. Einen wichtigen Beitrag dazu haben auch die beiden 1999 erschienen Arbeiten von Britta Hoppe "Geschnitzte Kölner überbauschränke des 17. Jahrhunderts" und Günter Irmscher "Kölner Architektur und Säulenbücherum 1600" geleistet, die von der Sigurd-Greven-Stiftung als Band 1 und 2 der gleichnamigen Reihe herausgegebenen worden sind. Diese Stiftung bemüht sich nachhaltig um die Erforschung des Renaissance- und Barockzeitalters in Köln und beabsichtigt, am 27. und 28. September 2001 unter dem Titel "Wege zur Renaissance - Beobachtungen zu den Anfängen neuzeitlicher Kunstauffassungen im Rheinland und den Nachbargebieten um 1500" ein Kolloquium gemeinsam mit der Abteilung Architekturgeschichte des Kunsthistorischen Instituts der Universität Köln zu veranstalten.

Als 3. Band der Sigurd-Greven-Studien erschien die Arbeit von Isabelle Kirgus. Erstmals wurde hier versucht, den vorhandenen Bau- und Interieurbestand der Kölner Renaissanceepoche zusammenzutragen und dokumentarisch aufzuarbeiten. Die katalogartig angelegte Arbeit im Taschenbuchformat ist propädeutischen Charakters. Wie im Vorwort angemerkt, sind archivalische Rechercheergebnisse oder Verweise auf baugeschichtliche Dokumentationen analog eines Inventars nicht zu erwarten.

Der zeitliche Rahmen der Arbeit umfasst das Jahrhundert zwischen 1520 und 1620. In der Einleitung verweist die Autorin auf die historischen Eckdaten des Renaissancezeitalters der Stadt Köln und die wichtigsten stilistischen Entwicklungen des Gebäude- und Ausstattungsbestandes von den frühen Einflüssen durch den niederländischen Kunstbetrieb, über die reife Stilphase eines Cornelis Floris oder Wilhelm Vernuken bis hin zur Aufnahme römischer Vorbilder, wobei in diesem Kapitel auch die Entwicklungen in Malerei und Graphik einbezogen wurden. Der sich anschließende Katalog gliedert sich in die Abschnitte Architektur des Bürgerhauses, Fortifikationsbau, öffentlicher Profanbau und Sakralbau und deren jeweiliger Ausstattung. In alphabetischer Reihenfolge nach heutiger Straßenbezeichnung bearbeitet, werden erhaltene und bildlich überlieferte Werke gemeinsam behandelt. Die Katalogtexte sind knapp, aber inhaltsreich gehalten und bieten Lage, Bau- und Besitzergeschichte sowie Objektbeschreibung und Interieur. Literaturangaben vervollständigen das Bild. Eingebunden in den Text illustrieren zumeist historische Abbildungen anschaulich jedes Gebäude und Ausstattungsstück. Die beiden herausragendsten Renaissancewerke in Köln - der Lettner in St. Maria im Kapitol und die Vorhalle des Rathauses - wurden trotz ihres Ranges analog der übrigen Katalogtexte behandelt, da hierzu komplexe Sekundärliteratur zur Verfügung steht. Als Anhang erscheint eine Auflistung von Baumaßnahmen und Ausstattungsstücken des Profan- und Sakralbaus, von denen kein aussagefähiges Bildmaterial existiert.

Im Katalog ist auf das umfangreiche Kapitel zu den Bürgerhäusern mit den wenigen erhaltenen Bauten u.a. dem Doppelhaus "Zur Brezel" und "Zum Dorn" am Alten Markt (1580), "Haus Bachem" am Großen Griechenmarkt (1590), "Zum St. Peter" am Heumarkt (nach 1568) und dem "Zeughaus" (1594-1606) hinzuweisen. Im Wesentlichen wurde hierbei auf Vorarbeiten vor allem von Hans Vogts (u. a. "Die profanen Denkmäler der Stadt Köln", 1930 oder "Das Kölner Wohnhaus bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts", 1966) zurückgegriffen. Die zahlreichen nicht erhaltenen Objekte sind durch historische Abbildungen, überlieferte Besitz- und Baugeschichten gut dokumentiert, so dass man den Umfang der Bautätigkeit des 16. und frühen 17. Jahrhunderts in Köln erahnen und nachempfinden kann. Ernüchternd wirkt die Bilanz, dass von den 36 angeführten nur acht Bürgerhäuser, und diese zumeist in veränderter Gestaltung, erhalten geblieben sind. Da eine abschließende Auswertung des Stoffes nicht angestrebt war, bleibt eine solche Statistik freilich Aufgabe des Lesers. Von den Ausstattungsstücken, denen in der Literatur zumeist eine geringe Würdigung zuteil wurde, etwa Kamine, Stuckdecken oder Treppenanlagen, liefert die Autorin sehr gute und anschauliche Beschreibungen und verweist innerhalb der Katalogbeiträge auf stilistische Parallelen. Hinzuweisen ist auf die Berücksichtigung von Inschriften, die - soweit der Inschriftträger verlorengegangen ist - aus den Denkmälerinventaren übernommen wurden.

Für ein besseres Verständnis wären eine größere Anzahl von Grundrissen und zumindest für die erhaltene Bausubstanz aktuelle Abbildungen wünschenswert gewesen. Ein Register hätte die Handhabbarkeit des Buches auf der Suche nach den einzelnen Objekten, aber auch Auftraggebern oder Baumeistern sicher erheblich erleichtert.

Insgesamt bildet der Katalog von Isabelle Kirgus jedoch einen wichtigen Fundus von Existentem und Vergangenem und ermöglicht dem Leser so, die ehemalige Reichsstadt Köln als Renaissancestadt zu entdecken. Dem Anspruch, ein überblickswerk über sakrale und profane Architektur und Ausstattung von Bauwerken der Renaissancezeit in Köln zu erarbeiten, wird die Arbeit gerecht. Gleichzeitig ist damit eine Basis geschaffen, sich mit manchem Einzelobjekt noch intensiver auseinander zu setzen und die "Kölner Renaissance" auswärtiger Kunst der Epoche gegenüberstellen.


Anke Neugebauer

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Empfohlene Zitierweise:

Anke Neugebauer: Rezension von: Isabelle Kirgus: Renaissance in Köln. Architektur und Ausstattung, 1520-1620, Bonn: Bouvier 2000
in: KUNSTFORM 2 (2001), Nr. 3,

Rezension von:

Anke Neugebauer
Institut für Kunstgeschichte, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg

Redaktionelle Betreuung:

Jan Mohr