Marcus Müller

Marcus MÜLLER
Kunst, Geschichte, Nation. Wie deutsche Kunstgeschichte im Diskurs entsteht

Dissertation, abgeschlossen im Juli 2006 – Publikation in Vorbereitung
Heidelberg, Ruprecht-Karls-Universität

Die Arbeit behandelt aus der Sicht der linguistischen Diskursanalyse die sprachliche Prägung, Verwendung und Integration der zentralen Konzepte von ‚Kunst’, ‚Geschichte’ und ‚Nation’ in Geschichten der deutschen Kunst von 1851ff. (Ernst Förster) bis 2002 (Volker Gebhardt). Im Fokus stehen dabei Musterbildungen auf der Ebene der Wörter, der Sätze und der Textpassagen, die den speziellen Kommunikationsbedingungen und Formulierungstraditionen des Fachs entspringen und an welche die Konzepte gebunden sind, die den – sowohl kunsthistorischen als auch nationalen – Blick in die Vergangenheit lenken. Es wird aufgezeigt, wie die Formulierungsmuster, die das Geschichtsbild, das Kunstverständnis und den Nationenbegriff der Historiker der deutschen Kunst prägen, sich im 19. Jh. ausformen und im Laufe der Diskursgeschichte (z. B. Lübke, Dehio, Pinder, Weigert,  Klotz/Warnke) mit teils fachlich, teils weltanschaulich bedingten Redeweisen in individuellen Textstrategien vernetzt werden.
Erkenntnisleitend ist die These, dass ‚Geschichte’ als gesellschaftlich wirksame Vorstellungsgestalt immer an die Form ihrer Präsentation im historischen Diskurs gebunden ist (z. B. Koselleck, Danto, Köller). Der Diskurs aber formt sich in einem dichten Beziehungsgefüge von Sachbezug, Formulierungstradition, sozialer Rolle, Berücksichtigung der überdachenden Weltanschauung und individueller Aussageintention des jeweiligen Autors aus. Im Falle der Historiographie der deutschen Kunst ist eine solche Aussageintention im Versuch zu sehen, nationale Identität mittels der Erzählung deutscher Kunstgeschichte zu prägen. Da sich die Kategorie ‚deutsch’ aber keinesfalls aus der Kunstgeschichte selbst ergibt, bedarf es einer Reihe textpragmatischer Verfahren, um erstens ‚deutsch’ als kunsthistorische Kategorie zu implementieren („Kreuzprädikation“) und zweitens aus der Präsentation von Kunstwerken, die als ‚deutsch’ ausgewiesen sind, Identifikationsangebote zu entwickeln.

ISBN 978-3-11-019642-9

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